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Sonntag, 10. August 2014

Hilfe für Donezk ja, aber nicht von Russland

Ein Beispiel für das mediale Absurdistan der deutschen Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine - und doch mehr als das:

Der Russland-Korrespondent des Magazin Der Spiegel, Christian Neef, berichtet derzeit aus Donezk. In einem Beitrag auf Spiegel online vom 10. August 2014 schreibt er über den "Kampf um jeden Quadratmeter" in der ostukrainischen Stadt. Die Kiewer Truppen hätten Donezk eingeschlossen und würden die Aufständischen der "Volksrepublik Donezk" nun immer mehr in die Enge treiben.

Neben der interessanten Beschreibung der aktuellen Ereignisse vor Ort durch einen Sprach- und Ortskundigen ist ein Detail in dem Beitrag des früheren Moskau-Korrespondenten des DDR-Rundfunks besonders interessant und bezeichnend: "Fast schon versteckt" habe sich in einer Mitteilung des Premiers der "Volksrepublik Donezk", Alexander Sachartschenko, (von Neef linientreu als "Separatistenführer" bezeichnet) "mitten im Text ein Angebot zur Feuereinstellung - 'um das Maß der humanitären Katastrophe im Donbass nicht noch weiter wachsen zu lassen'" befunden . "Die Nachrichtenagenturen vermelden seither, die Separatisten böten eine Waffenruhe an." Neef beschäftigt nun die Frage: "Aber was steckt wirklich hinter dieser Offerte?"

Und da gibt es für ihn nur eine mögliche Antwort: "Das Angebot der Rebellen zur Waffenruhe könnte jedoch alles andere als ein Einlenken sein - sondern vielmehr ein mit Russland abgestimmtes Manöver, um den Druck auf die Weltöffentlichkeit zu erhöhen. Denn auffallend ist, dass sich die Sprache in Sachartschenkos Erklärung in vielem mit den letzten Appellen des russischen Außenministers Sergej Lawrow deckt." Ja, da soll also Druck auf die Weltöffentlichkeit ausgeübt werden, damit die Kiewer Machthaber dazu gebracht werden, den Krieg in der Ostukraine endlich zu beenden. So perfide und hinterhältig ist dieses Waffenstillstandsangebot.

Neef weiß aber, dass da noch mehr dahinter steckt: Lawrow habe "gestern in einem Telefongespräch mit seinem amerikanischen Kollegen John Kerry zum wiederholten Male eine 'humanitäre Mission im Südosten der Ukraine' gefordert - weil die Militäraktionen Kiews zu 'immer größeren Opfern unter der Zivilbevölkerung und zur weiteren Zerstörung der Infrastruktur' im Kriegsgebiet führten." Das ganz Perfide daran: "Diese Mission solle natürlich unter Beteiligung Russlands stattfinden."

Das geht ja nun gar nicht. Und deshalb lehnen nicht nur die Kiewer Machthaber das ab, sondern auch jene, die ihnen an die Macht halfen. Und weil in Donezk die Lage noch nicht so schlimm ist wie in Lugansk oder Schachtjorsk weiß Neef zu berichten: "Anscheinend hat sich deswegen auch bei Amerikanern und Deutschen der Eindruck verfestigt, das Gerede von der 'menschlichen Katastrophe' sei ein Schachzug der Russen, die mit einem humanitären Eingreifen die Rebellen retten wollten. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte sowohl mit US-Präsident Barack Obama als auch mit dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko. Die Warnung, die danach aus dem Kanzleramt kam, war so scharf wie noch nie: 'Ein beliebiger Einmarsch, selbst wenn er sich humanitär nennen sollte, ist eine Invasion, und das ist eine rote Linie, die kein Staat überschreiten kann.'"

Das ist das Einzige, was den führenden westlichen Politikern dazu einfällt, und auch ihren medialen Lakaien, zu denen anscheinend inzwischen auch Neef gehört, dessen Beiträge aus der Sowjetunion und Russland ich einst gut fand. Die russischen Hilfsangebote abzulehnen, die ausdrücklich UNO und OSZE einbezogen, ist wichtiger, als endlich in Kiew darauf zu dringen, den Krieg zu beenden, eben wegen der schon viel zu vielen Toten, der Zerstörung und des Leides, samt der MH17-Katatsrophe vom 17. Juli 2014 mit 298 Toten. Deshalb wird ein Angebot der Aufständischen abgelehnt, die Waffen schweigen zu lassen, weil Russland unterstellt wird, das nutzen zu wollen, um in der Ukraine intervenieren zu können, auch noch per "humanitärer Intervention". Das Recht dazu nahmen sich die westlichen Kriegstreiber und Brandstifter schon so oft ungefragt heraus, wie kommt da Moskau dazu, auch nur im Ansatz daran zu denken? Dass eine von UNO und/oder OSZE geführte humanitäre Mission Russland mit einschließen würde und dadurch gleichzeitig kontrollieren könnte, dass das gerade im Fall Ostukraine sinnvoll und nützlich wäre, nein, darauf kommen diese westlichen Politiker und ihre medialen Lakaien erst gar nicht. Beziehungsweise sie reden nicht darüber, weil es ihnen eben um alles geht, bloß nicht um die Menschen in der Ostukraine.

Es geht darum, dass ein Waffenstillstand den gegenwärtigen "Siegeszug" der Kiewer Truppen stoppen würde. Damit würde das Ziel des als "Anti-Terror-Operation" verlogen getarnten Krieges, die Ostukraine wieder unter die Kotrolle der vom Westen gestützten Machthaber in Kiew unter Kontrolle zu bringen, gefährdet. Und die Aufständischen würden als Verhandlungspartner behandelt werden müssen, was ihnen bisher immer wieder verweigert wurde. Das kann und darf nicht sein, auch weil der Internationale Währungsfonds (IWF) am 1. Mai 2014 warnte: "Sollte die Übergangsregierung in Kiew die Kontrolle über die Ostukraine verlieren, müsse das Programm im Umfang von 17 Milliarden Dollar (12,26 Milliarden Euro) überarbeitet werden ...." Der Westen bzw. dessen herrschenden Kreise wollen die Ukraine ganz. Dafür werfen diese Heuchler und Kriegstreiber, die auf Menschenrechte und Demokratie pfeifen, wenn sie ihren Interessen im Weg stehen, aber zugleich diese eben für ihre Interessen als Kriegsbegründungen missbrauchen, Russland vor, genau so wie sie selbst zu verfahren.

Das Ganze finde ich nicht nur perfide und verlogen, sondern es erinnert mich auch an Vorgänge vor 15 Jahren: Damals wurde im Rambouillet über das Schicksal Jugoslawien verhandelt, bevor es von der NATO angegriffen wurde, besser gesagt: der Westen gab vor, zu verhandeln. Die ARD-Journalistin und heutige WDR-TV-Chefredakteurin Sonia Mikich berichtete damals in der Zeitschrift Emma (Ausgabe Mai/Juni 99; S. 25-28), was sie in Rambouillet erlebte: "... War der Krieg vermeidbar? Wochenlang arbeitete ich in Rambouillet, dem Schauplatz der  Kosovofriedensverhandlungen und erlebte das feingestrickte Geschäft der Diplomatie hautnah. Die schriftlichen Vorschläge. Die Pressekonferenzen und Briefings. Die kategorischen Neins. Die Ja-abers. ... Nie wurden in Rambouillet die Russen ernsthaft miteinbezogen, ihre Vertreter saßen an den Tischen wie das fünfte Rad am Wagen, ihre Ausführungen wurden knapp höflich zur Kenntnis genommen.
Erstaunlich offen betrieb Christiane Amanpour von CNN das Geschäft der US-Regierung in Rambouillet. Wie oft konnte ich hören (ein paar Meter von ihrer Kameraposition entfernt), daß nur die Serben mauern, verhindern, blocken. Daß ihr Nein zu der Stationierung von NATO-Truppen im Kosovo das einzige Hindernis zu einer Lösung wäre. Daß ihren neuen Autonomieplänen von vornherein nicht zu trauen sei. Wie Mantras wurden die Ultimaten an Milosevic wiederholt: nicht ohne meine NATO-Schutztruppen. ... Warum  wurden die Russen nicht an diesem Punkt als Hebel eingesetzt? Russische  Friedenstruppen gemeinsam mit UN-Soldaten aus Nicht-NATO-Ländern, warum nicht? ..." Der Rest ist traurige und bekannte Geschichte.

Der CDU-Politiker Willy Wimmer hatte bereits im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt und dem westlichen Verhalten gegenüber Russland an Rambouilett erinnert. Es scheint, als habe sich tatsächlich nichts verändert oder gar gebessert. Nur ein Journalist wie Christian Neef scheint sich verändert zu haben. Oder ist einfach wieder so linientreu, wie er es einmal war, heute gegenüber den neuen Herren über die richtige Meinung. Ich kann ja zumindest verstehen, dass er gern als Journalist arbeitet und davon leben möchte. Den Menschen in Donezk und den anderen umkämpften Orten in der Ostukraine darf weiter nicht geholfen werden, solange, bis die Kiewer Machthaber von westlichen Gnaden gesiegt haben. Dafür muss auch Russland und dessen Präsident Wladimir Putin samt des Außenministers Sergej Lawrow alles möglich unterstellt werden. Das ist das Schlimme daran.

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