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Sonntag, 10. August 2014

Faschisten als Instrumente der US-Politik

Die US-Publizistin Luciana Bohne beschreibt in einem aktuellen Text die ungebrochene Tradition der US-Politik, sich der Faschisten zu bedienen, um ihre Ziele zu erreichen

Ein Teil des westlichen "Medien-Blackouts" zu den Brutalitäten des "Anti-Terror-Einsatzes" der Kiewer Machthaber in der Ostukraine ist dadurch begründet, dass "faschistische Kohorten an der Kampagne der Kiewer Junta beteiligt" sind. Das vermutet die US-Publizistin und Filmkritikerin Luciana Bohne in einem am 8.8.14 in der Online-Ausgabe des Magazins Counterpunch veröffentlichten Beitrag mit dem Titel „America’s Recruitment of Nazis – Then and Now“.
Die Fußtruppen von Svoboda und Rechtem Sektor, die heute als sogenannte Nationalgarde kämpften, würden wie postmoderne Imitate der Originalfaschisten wirken. "Ideologisch erscheinen sie unwirklich, als würden sie aus einem tiefen Bombenloch in der Geschichte herauskriechen, das in der Nachkriegszeit nicht repariert wurde, absurd aurufend 'Ruhm der Ukraine'." Selbst als Statisten für ein B-Movie wären sie untauglich. Bohne fragt, warum diese Rückwärtsgewandten für den vom Westen unterstützten „Pro-Demokratie-Kreuzzug“ auf dem Kiewer Maidan und danach rekrutiert wurden.
Es gehe nicht darum, ihren Faschismus im Herzen Europas zu etablieren, das sei sicher. Die NATO habe, unterstützt von der unterwürfigen EU-Finanzbürokratie in Brüssel, Europa okkupiert, bis an die russische Grenze, „wenn das Ukraine-Glücksspiel erfolgreich ist“. Die Neofaschisten seien als "Instrumente" rekrutiert worden, um die Lage in der Ukraine zu destabilisieren, den Regimewechsel durchzusetzen und die gegenwärtigen "Anti-Terror-Operationen" zum Machterhalt der US-gestützten Kiewer Junta durchzuführen. Das sei "nur ein Schritt zu einem langfristigen Ziel: Regimewechsel in Russland". Die Unterstützung in der Bevölkerung für die beiden bekannten Gruppierungen Svoboda und Rechter Sektor scheine mit Blick auf die Wahlergebnisse nicht sehr groß. Doch trotz ihrer „Peinlichkeiten“ wie den Kriegsverbrecher John Demjanjuk zum „Helden des Kampfes um Wahrheit“ zu bezeichnen und den Svoboda-Thinktank nach Josef Goebbels zu benennen, seien zahlreiche westliche Politiker und Persönlichkeiten, von John McCain bis George Clooney, nach Kiew gekommen, um die Maidan-Proteste zu unterstützen.

Ein altes Drehbuch


Im Kontext der US-Außenpolitik seit 1945, ausgerichtet auf das "Roll back" des Kommunismus, wirke der Sturz der gewählten Janukowitsch-Regierung und dessen Folgen wie nach einer Vorlage aus dem Drehbuch der Ära der verdeckten politischen Kriegsführung geplant, inszeniert und unterstützt. "'Politische Kriegsführung', die die Nazis perfektionierten, kombiniert mit Propaganda, Sabotage und der Ausbildung von 'Geheimarmeen' für 'Aufstandsbekämpfung' (was in der Praxis die Kontrolle der Bevölkerung durch Terror bedeutet)." Die Premiere war 1953 im Iran der von der CIA organisierte Putsch, erinnert Bohne in ihrem Beitrag. Nachdem 1989 die vermeintliche kommunistische Bedrohung wegfiel, sei das Drehbuch angepasst worden, um in der Welt die US-Interessen durchzusetzen.
Die Vorbereitungen für das Drehbuch begannen in den späten 1940er Jahren, so die Journalistin. Sie stützt sich dabei u.a. auf das Buch „Blowback: America's Recruitment of Nazis and Its Destructive Impact on Our Domestic and Foreign Policy“ von Christopher Simpsons. In einem geheimen Dreistufenplan der US-Stabschefs (in den 1980er Jahren freigegeben) sei für den Fall eines Krieges mit der Sowjetunion vorgeschlagen worden, in der ersten Stufe eine Propaganda- und Desinformationskampagne zu beginnen, einschließlich "False flag"-Operationen, nach der die USA aus Selbstverteidigung handeln müsse oder um unterdrückte Völker in der Sowjetunion zu schützen. Zur zweiten Stufe gehörte ein 30 Tage andauernder Militärschlag mit siebzig Atombomben auf ausgewählte Ziele in der Sowjetunion. Ziel dessen war es, 40 Prozent der sowjetischen Industriekapazität, einschließlich des entscheidenden Erdölsektors, zu zerstören. Dem sollte in der dritten Stufe Operationen der „Aufstandsbekämpfung“ folgen, um den Wiederaufbau der sowjetischen Strukturen zu verhindern. Diese Aufgabe sollte Geheimarmeen übertragen werden, bestehend aus osteuropäischen und russischen Emigrantengruppen, übernommen von den Deutschen, „mit anderen Worten: Nazi-Kollaborateure“.
Bohne schreibt, dass das Buch von Simpson gemeinsam mit dem Buch von Douglas Valentine über das Phoenix-Programm der CIA im Vietnam-Krieg („The Phoenix Program: America's Use of Terror in Vietnam“) alles zeige, was nötig ist, um zu wissen, wie die USA begannen wie ein „Schurkenstaat“ zu handeln, das Völkerrecht mit den Füssen zu treten, reaktionäre Terrorgruppen zu bewaffnen und auszubilden, Militäroperationen zu privatisieren, Regimewechsel mit Hilfe psychologischer Kriegsführung anzustiften, weltweit zu spionieren und sich zu benehmen, als sie am Ende die ganze Welt von den USA dominiert.

Nazis für den Krieg gegen Russland


Wie die Planer von 1949 scheinen ihre heutigen Nachfolger zu denken, sie könnten einen Krieg gegen Russland gewinnen, schreibt Bohne. Diese würden zwar einen Regimewechsel bevorzugen, aber auch einen kurzen taktischen Atomkrieg in Betracht ziehen, um ein Land zu neutralisieren, das den Weg einer eigenständigen wirtschaftlichen Entwicklung verfolgt. Den USA gehe es weniger darum, den alten Faschismus in Europa wieder einzurichten, sondern darum, neofaschistische paramilitärische Armeen zu rekrutieren, auszubilden und einzusetzen, um Aufstände zu unterdrücken, wie gegenwärtig in der Ostukraine. Die erschreckende Wirkung der selbsternannten Hitler-Bewunderer in der Öffentlichkeit Europas und den USA sei ein "Bonus für die US-Propaganda", meint die Journalistin. Die Angst vor einem wiederauflebenden Nazi-Militarismus in Europa lenke ab von seinen „subtileren Praktikern im imperialistischen Washington“.
Die Putin-Administration habe zu Recht an die historischen russischen und ukrainischen Erfahrungen, an die Erinnerungen an den Schrecken des Faschismus und die 26 Millionen Opfer erinnert. Verständlicherweise sei in der Ostukraine und in Russlands Moskaus „antifaschistische“ Kampagne unterstützt worden, um die Kiewer Machthaber und indirekt deren US-Unterstützer zu diffamieren. Das verringere nicht die Kriminalität der US-gestützten mörderischen Rassisten, die gerade wegen ihrer Bereitschaft zu Gräueltaten rekrutiert worden seien.
Diese Praxis sei nicht neu, stellt Bohne fest. Sie beschreibt, wie die USA nach dem Zweiten Weltkrieg „Bastarde“, alte Faschisten wie Reinhard Gehlen und ihre Helfer, rekrutierten, um Moskaus Macht und Einfluss zu reduzieren und einzudämmen (George F. Kennan). Der sogenannte Kalte Krieg sei ein verdeckter Krieg für einen Regimewechsel in der Sowjetunion gewesen. Dem dienten auch subversive Operationen wie die mit dem Titel „Bloodstone“, deren „Pate“ George F. Kennan war. Mit großem Aufwand seien dazu antikommunistische sowjetische Emigranten angeworben worden, die sich für antisowjetische Aktivitäten eigneten, zitiert Bohne aus dem Buch von Christopher Simpson. Um eine interne Krise in der Sowjetunion und bzw. oder deren Satellitenstaaten auszulösen, seien politische Gruppierungen unter den Exilanten finanziert worden, so u.a. die „Russische Befreiungsarmee“, die zuvor, bekannt als „Wlassow-Armee“, mit den deutschen Faschisten kollaboriert hatte. Deren Veteranen seien in den USA für verdeckte Operationen trainiert und vorbereitet worden, obwohl unter ihnen bekanntermaßen zahlreiche Kriegsverbrecher waren.

Wie früher so heute


Unterstützt worden sei dabei auch die von den Faschisten finanzierte Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und deren militärischer Arm, die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA). Diese seien am Überfall auf die Sowjetunion beteiligt gewesen und verantwortlich für eine Reihe von Massakern an jüdischen Menschen und Kommunisten. Doch OUN-Kriegsverbrecher wie Mykolas Lebed seien kollektiv weißgewaschen worden und waren für die US-Außenpolitik und die Geheimdienste die „dritte Kraft“ für den Kampf um Demokratie und die Befreiung vom kommunistischen Joch in der Sowjetunion. Eine ganze Division der OUN/UPA, 1.100 Männer mit ihren Familien, seien in die USA gebracht worden, ohne Fragen zu stellen. Der langjährige Einfluss der ukrainischen antikommunistischen Exil-Gruppen auf die US-Politik sei „tief und anhaltend“. Die US-gestützten Machthaber in Kiewer könnten beweisen, dass sich das fortsetzt, so Bohne.
Die Autorin erinnert daran, dass Simpson in seinem Buch darauf hinwies, dass „das auffälligste Merkmal der der politischen Philosophie der Nazis der extreme Antikommunismus und der teilweise fanatische Hass auf die UdSSR“ war. Dieser Hass habe die Welt in Brand gesteckt und doch seien nach dem Krieg faschistische Funktionäre, Geheimdienstoffiziere, Militärs, Polizisten und Intellektuelle rekrutiert worden, um ihre Arbeit „im Schoss unseres Nationalen Sicherheitsstaates“ fortzusetzen und die US-Außenpolitik im Kalten Krieg zu beraten, zu beeinflussen und zu befördern. Luciana Bohne fragt, ob sich daran durch den Fall der Berliner Mauer etwas geändert habe. Sie verneint das, es sei dagegen intensiviert worden - "genauso absolutistisch, genauso aggressiv, genauso der politischen Kriegführung verschrieben": „Russland ist immer noch in unserem Fadenkreuz.“ Der Frieden bleibe weiter unhörbar, ein weit entfernter Schluchzer. „Für was benötigt Washington den Faschismus in Europa?“, fragt die Autorin am Schluss.

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