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Dienstag, 15. April 2014

Chemiewaffen und kein Ende des Krieges

Ein weiteres Mosaik an Nachrichten und Informationen zum Krieg gegen und in Syrien, wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit

• In Syrien sollen erneut chemische Waffen bzw. chemische Kampfstoffe eingesetzt worden sein. Das berichtete u.a. Karin Leukefeld in der Tageszeitung junge Welt vom 14. April 2014. „Das syrische Fernsehen berichtete, daß bei einer Attacke auf das Dorf Kafar Sita in der Provinz Hama am vergangenen Freitag augenscheinlich Chlorgas eingesetzt worden sei. Kämpfer der Al-Nusra-Front seien für den Überfall verantwortlich, bei dem mindestens zwei Personen getötet und mehr als 100 verletzt worden waren.“ Die sogenannte „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London habe dagegen behauptet, die syrische Luftwaffe hätte den Ort angegriffen und „Faßbomben“ eingesetzt. Diese hätten dichten Rauch und Geruch freigesetzt, was zu Fällen von Vergiftung und Erstickung geführt habe.

Leukefeld erinnerte daran, daß trotz lokaler Waffenstillstände um Damaskus, Homs und Idlib Syrien nicht zur Ruhe komme. Insbesondere Angriffe in der letzten Zeit gingen von Gruppen aus, „die vor allem aus Jordanien und der Türkei nach Syrien eindringen, was die regionale Dimension des Krieges deutlich macht“. Einige bekommen Unterstützung aus einer Einsatzzentrale im jordanischen Amman, die gemeinsam von den USA mit Jordanien und Saudi-Arabien betrieben wird. Darüber hatte die New York Times am 10. April 2014 berichtet. Danach bestellten die „Rebellen“-Gruppen Waffen im „operations room“ in der jordanischen Hauptstadt. Von dort würden sie auch bezahlt. Die Waffen- und Geldlieferungen seien aber gerade gerade genug, um nicht völlig unterzugehen, aber nicht genug, um zu gewinnen, beklagt sich Bashar al-Zoabi von der „Yarmouk Division“ der „Rebellen“ gegenüber der Zeitung. Das deutet u.a. auf die von Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) im Juni 2013 beschriebene US-Strategie eines Abnutzungskrieges in Syrien hin: „Denn eine solche Auseinandersetzung könnte sich als Abnutzungsbürgerkrieg zu einem ‚idealen‘ Instrument zur Schwächung der anti-amerikanischen sog. ‚Schiitischen Achse‘ (Hisbollah, Syrien zunehmend auch Irak und vor allem aber der Iran siehe IMI-Studie 2012/07) erweisen – auf Kosten unzähliger weiterer Opfer.“

Allerdings gibt es aktuelle Meldungen, denen zufolge die „Rebellen“ inzwischen auch mit schweren Waffen aus US-Produktion ausgerüstet sind. So berichtete u.a. die österreichische Zeitung Der Standard am 9. April 2014, dass auf Videos im Internet „Rebellen“ der Gruppe Harakat Hazm zu sehen sein, die die US-amerikanische Panzerabwehrlenkwaffe TOW einsetzen. Das Waffensystem sei unter anderem nach Saudi-Arabien und in die Türkei exportiert worden. „In den Händen von syrischen Rebellen ist es bisher jedoch noch nie aufgetaucht, das Video von Anfang April ist eine Premiere.“ Unklar sei, woher die Waffen stammen. „Sollten die Waffen von Saudi-Arabien geliefert worden sein, ist es eher unwahrscheinlich, dass die USA davon nicht informiert wurden. Vertraglich sind alle Empfängerstaaten verpflichtet, bei einem Weiterverkauf oder einer Weitergabe der Waffen an Dritte die Vereinigten Staaten zu informieren.“

• Die aktuellen Informationen über die US-Hilfe für die „Rebellen“ in Syrien bestätigen zudem, was Jürgen Todenhöfer in einem am 11. April 2014 im Tagesspiegel erschienenen Gastbeitrag schrieb: „Fast täglich fordert die US-Regierung den syrischen Diktator auf, den Bürgerkrieg zu beenden. Das Problem ist, dass die USA - wie Saudi-Arabien - den Krieg viel leichter stoppen könnten als Assad. Sie haben ihn mit inszeniert und stellen täglich sicher, dass sein Feuer nicht erlischt.“ Todenhöfer stellt fest: „Dass das christlich missionarische Amerika inzwischen de facto an der Seite von Al Qaida kämpft und dabei das Ursprungsland des Christentums zerstört, ist an Absurdität kaum zu übertreffen.“ Das Ziel sei nie die Demokratisierung Syriens gewesen, sondern die Beseitigung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad als wichtigster Verbündeter Irans. „Da Assad nicht fallen wollte, begann vor allem Saudi-Arabien den radikaleren Kräften des Aufstands Waffen und Geld zu liefern. Unterstützt von weiteren arabischen Ländern und von der Türkei. In enger Abstimmung mit den USA.“ Der verdeckte Krieg gegen Syrien werde noch verdeckter geführt und sei juristisch „ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg“. Todenhöfer betonte, dass „sich das syrische Regime oft in inakzeptabler Weise ‚verteidigt‘, auch in dem Wohnviertel angegriffen würden, in denen sich „Rebellen“ verschanzten. „Es ist unstreitig, dass dabei auch Unschuldige getötet werden.“ Leider entgeht ihm, dass genau das von den US-Brandstiftern und ihren Verbündeten beabsichtigt wird, um der Öffentlichkeit zu erklären, warum Assad abtreten müsse.

Aber Todenhöfer stellte fest: US-Präsident Barack Obama wolle keinen Frieden in Syrien und mache „keine Anstalten, seinen wirren Kurs zu korrigieren. Im Gegenteil, er will die Rebellen nun noch stärker militärisch unterstützen. Natürlich nur die gemäßigten. Obwohl die Überbleibsel der ‚Freien Syrischen Armee‘ ihre vom Westen gelieferten Waffen meist  gleich hinter der Grenze an die Extremisten abgeben müssen. Das weiß auch Obama.“ Für den Autor ist klar: Ginge es dem US-Präsidenten tatsächlich um die Menschen in Syrien, gäbe es Wege zum Frieden. Die US-Regierung müsste Saudi-Arabien zwingen, die Geld-, Waffen- und vor allem alle Munitionslieferungen an die „Rebellen“ in Syrien einzustellen. Ebenso müsste die zunehmend angriffsbereite Türkei veranlasst werden, ihre Grenzen nach Syrien dicht zu machen. Ich hatte es in einem Kommentar einige Tage zuvor auf freitag.de fast wortgleich formuliert. Doch weil die USA immer noch den Iran niederzwingen wolle, gehe der schmutzige Krieg in Syrien "im Namen der Demokratie, zur Verteidigung der Werte der westlichen Welt" weiter. „In Wahrheit kümmert sich niemand um das gequälte syrische Volk. Wir leben in einer verlogenen Welt.“

• Das vermutlich am 21. August 2013 bei Damaskus eingesetzte Giftgas Sarin könnte aus einem US-Chemie- und Biowaffen-Labor in Georgien stammen. Es handele sich um das US-kontrollierte Richard G. Lugar Center for Public Health Research (CPHRL) in einem Vorort der georgischen Hauptstadt Tbilisi. Das behauptete der Journalist Jeffrey Silverman in einem am 8. April 2014 vom ultrakonservativen US-Online-Magazin Veterans Today erneut veröffentlichten Interview, das bereits am 5. September 2013 auf der georgischen Website Georgia & World erschienen war. Dort hatte Silverman bereits am 14. November 2012 darauf aufmerksam gemacht, dass durch und über Georgien die „Rebellen“ in Syrien mit Waffen beliefert würden. In dem neueren Interview erklärte er, dass der chemische Kampfstoff über die Türkei an „Rebellen“ in Syrien geliefert wurde, was vom ehemaligen US-Senator Richard Lugar eingefädelt und unterstützt worden sei. Ich kann die Behauptungen von Silverman natürlich nicht stichhaltig überprüfen. Aber ich bin auf einen Beitrag des US-Journalisten Wayne Madsen vom 11. September 2013 gestoßen, in dem das erwähnte und nach Lugar benannte Labor in Georgien ebenfalls in Verbindung mit in Syrien eingesetzten Chemiewaffen gebracht wurde. Es handele sich um eine offiziell zivile Forschungseinrichtung, die sich mit den Folgen biologischer Kriegsführung beschäftige und in deren Lagerhallen auch Chemiewaffen aus früheren Sowjet-Republiken aufbewahrt würden. Das Labor sei zugleich verbunden mit dem US-Militärgeheimdienst DIA und dem US-Militär-Biowaffenforschungsinstitut USAMRIID in Fort Detrick. Laut Madsen berichteten Nahost-Geheimdienstquellen, dass das Forschungslabor in Georgien „die wahrscheinlichste Quelle“ für die Selbstbau-Waffen und „Nicht-Standard“-Chemiekampfstoffe ist, die in Syrien am 21. August 2013 und schon zuvor eingesetzt wurden. Die Materialien hätten tschetschenische Rebellen im Auftrag der CIA nach Syrien transportiert.

Die Informationen passen teilweise zu dem, was Seymour Hersh am 4. April 2014 in der Online-Ausgabe der London Review of Books über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien schrieb. Nach Hershs Angaben (siehe auch hier), gestützt auf Aussagen aus US-Geheimdienstkreisen, sind die Kampfstoffe aus der Türkei an „Rebellen“ in Syrien geliefert worden. Die türkische Regierung könne hinter den Angriffen bei Damaskus stecken, da der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan die Nusra-Front und andere islamistische Gruppen in Syrien unterstütze. Ziel sei es gewesen, die USA zum direkten Eingreifen in Syrien zu bewegen. Die erwähnten Informationen von Silverman deuten an, dass auch die USA darin verwickelt sein könnten. Bereits am 22. April 2013 hatte die georgische Zeitung Georgian Times berichtet, dass Silverman in Interviews darauf hingewiesen habe, dass das vom US-Bauunternehmen Bechtle errichtete Labor in Georgien im US-Auftrag Biowaffen-Komponenten entwickle, die in den USA verboten seien. Ähnliche Informationen habe der norwegische Journalist Ragnar Skre gehabt, der der Zeitung zufolge im Juni 2009 in Georgien in seiner Wohnung von Unbekannten überfallen wurde (siehe auch hier). Die Vorwürfe seien von der US-Botschaft in Georgien bestritten worden, was nicht überraschend sein dürfte. Allerdings seien keine Gegenbeweise vorgelegt worden, stellte Henry Kamens in einem Beitrag über das Labor fest, der am 15. Februar 2014 vom russischen Online-Magazin New Eastern Outlook veröffentlicht wurde. Am 14. Oktober 2013 hatte laut RIA Novosti der russische staatliche Verbraucherschutzverantwortliche Gennady Onishchenko erklärt, dass das US-finanzierte Labor an der Entwicklung biologischer Waffen beteiligt sei.

Es handelt sich bei dem Krieg in und gegen Syrien um einen verdeckten Krieg, wie Todenhöfer feststellte. Umso schwieriger ist es, herauszufinden, was dort wirklich geschieht. Nur vereinzelt kommen Details darüber ans Licht, welche verdeckten Operationen im Auftrag der westlichen Kriegstreiber und durch sie selbst durchgezogen werden. Sie haben in Syrien und anderswo unzählige Male bewiesen, dass sie vor nichts zurückschrecken und ihre Taten mit Lügen versuchen zu vertuschen. Genau das macht die von Silverman und Madsen beschriebenen georgischen Verwicklungen in den Krieg in Syrien und die von Hersh benannten türkischen Verbindungen nicht unglaubwürdiger, auch wenn sie nur so etwas wie Mosaiksteine sein können, die noch kein endgültiges Bild ergeben.

Nachtrag: Seymour Hersh hat mit Amy Goodman von Democrazy now am 7. April 2014 über seinen neuen Beitrag und das Dokument, auf das er sich dabei stützte, gesprochen. Die "Rattenlinie", auf der Waffen aus Libyen über die Türkei nach Syrien gebracht wurden, sei "sehr früh im Jahr 2012" geschaffen worden. Der Sieg über Gaddafi habe die US-Regierung glauben lassen, die Proteste in Syrien ließen sich ähnlich nutzen. Die CIA sei tief involviert gewesen. Hersh wiederholt, das türkische Geheimdienstmitarbeiter Al-Nusra-Terroristen im Umgang mit den chemischen Kampfstoffen ausbildeten und dass türkische Regierungskreise US-Präsident Obama zum direkten Kriegseintritt bewegen wollten. Und: Die UNO wisse Bescheid, "auch wenn sie es nicht sagen." Er fügt etwas weiteres hinzu: "Es ist jetzt ganz klar, dass die syrische Armee die Oberhand hat und im Großen udn Ganzen - der krieg ist im Wesentlichen vorbei." In Grenzgebieten u.a. zur Türkei werde es noch Auseinandersetzungen geben. "Aber im Wesentlichen haben wir die Verliererkarte. Wir möchten es nicht zu geben, aber so ist es."

aktualisiert: 21:54 Uhr

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