Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Donnerstag, 28. Februar 2013

Drohneneinsatz gegen das Völkerrecht

Im Bundestag haben am 27. Februar 2013 verschiedene Experten "gezielte Tötungen" mit Hilfe von Drohnen als Selbstermächtigung und Völkerrechtsverstoß bezeichnet.

Der Informationsdienst "heute im bundestag" berichtet darüber:
"Experten sehen in der Praxis „gezielter Tötungen“ im Kampf gegen den internationalen Terrorismus einen Verstoß gegen das Völkerrecht. Das ergab eine Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwochabend. Die Sachverständigen verwiesen unter anderem auf die Gefahr einer Aushöhlung des humanitären Völkerrechts. Hintergrund sind unter anderem Angriffe des US-Militärs mit bewaffneten Drohnen auf Terroristen und Terrorverdächtige etwa in Pakistan oder im Jemen.

Andreas Zimmermann vom Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam warnte vor einer Entwicklung, in der sich bestimmte „Rechtsbehauptungen“ und interessengeleitete Auslegungen des Völkerrechts verfestigen könnten. ...

Auch der Sachverständige Christian Schaller (Stiftung Wissenschaft und Politik) sprach von einem „entgrenzten“ Ansatz, der sich auf die Konfliktpartei und nicht mehr auf ein definiertes Gebiet beziehe. „Von einer weltweiten Konfliktpartei zu sprechen“, gehe aus seiner Sicht jedoch zu weit. Schaller führte zudem aus, dass es Stimmen in der US-Administration geben, die mit dem Recht auf Selbstverteidigung auch Verstöße gegen das Völkerrecht rechtfertigten. ...

Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights) wies darauf hin, dass die Bundesrepublik indirekt durch internationale Kooperationen an völkerrechtlich zweifelhaften Praktiken beteiligt gewesen sein könnte – wie der Verwertung von Geständnissen, die in bestimmten Ländern unter Folter entstanden sein könnten oder auch bei verdeckten „Entführungsflügen“, bei denen die USA auch aus Deutschland Terrorverdächtige ins umstrittene Gefangenlager Guantánamo gebracht habe. ...

Steven Watt (American Civil Liberties Union) kritisierte, dass sich die USA den rechtlichen Rahmen für „gezielte Tötungen“ offenbar selbst zurechtlege. Es sei nicht nur rechtswidrig, sondern auch gefährlich davon auszugehen, dass „die ganz Welt ein Schlachtfeld“ werden könne und daraus abzuleiten, Terrorverdächtige weit außerhalb der Konfliktgebiete töten zu dürfen. ..."

Der vollständige Bericht kann hier bei "heute im bundestag" nachgelesen werden.

Mittwoch, 27. Februar 2013

De Maizière redet Klartext

Der sogenannte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat bei einer Rede in der Heinrich-Böll-Stiftung offen gesagt, was er denkt. Das sorgt für Aufregung, vielleicht unberechtigt. Aber interessant ist es, was der bundesdeutsche Kriegsminister da von sich gab.

Mainstreammedien wie die Süddeutsche Zeitung und Stern melden in ihren Online-Ausgaben neue Fettnäpfe, in die der Kriegsminister getreten sei. Nach seiner Kritik an den Soldaten wegen  des "oft übertriebenen Wunsches nach Wertschätzung" habe er bei einer Veranstaltung der grünen Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin mit "zwei heiklen sicherheitspolitischen Aussagen" für den nächsten Patzer gesorgt. Danach hat de Maizière am 25. Februar 2013 Bundeswehreinsätze ohne UN-Mandat für den Notfall nicht ausgeschlossen und die angebliche Bedrohung Israels durch den Iran als Hauptgrund für Waffenexporte nach Saudi-Arabien bezeichnet. Dabei sei für den Kriegsminister entscheidend, für wie gefährlich man den Iran einschätze - und nicht die Lage der Menschenrechte in Saudi-Arabien, heißt es bei stern.de.

Auf der Homepage der Böll-Stiftung kann dankenswerter Weise die Veranstaltung "Sicherheitspolitik im Wandel" am 25. Februar 2013 nachgehört und -gesehen werden. So kann jeder bei Interesse selbst überprüfen, was Kriegsminister de Maizière sagte. Es ist interessant, auch wenn es eigentlich nichts Neues ist. Es ist eigentlich auch nicht überraschend, bloß die Offenheit, mit der er es sagt, sorgt wahrscheinlich für das Aufsehen. Vor einiger Zeit trat ein Bundespräsident für solche Offenheit zurück.

Ich habe die interessantesten Passagen von de Maizières Aussagen in der Podiumsdiskussion nach seiner Rede aufgeschrieben. Die gehen aus meiner Sicht noch über das hinaus, was in den Medien wiedergegeben wird. Und sie zeigen, wie verlogen sonstige Erklärungen von Politik und Medien zu den angesprochenen Themen sind. Der Redetext selbst kann beim Bundeskriegsministerium online nachgelesen werden.

Zu den Begründungen für Kriegseinsätze: „… Das Verteufelte ist … das Menschenrechtliche ist das sozusagen leicht zu mobilisierende Ziel. Und Frau Rice hat dafür ein lebhaftes Beispiel in Sachen Benghasi und Libyen geboten. Nur, es ist ja immer am schwierigsten umzusetzen, je weiter die Probleme in der Welt weg sind. …“

Zur Bundeswehr in Mali: „… mit Transall, Ausbildungsunterstützung und (unverständlich) sind wir in Mali der zweitgrößte Truppensteller …
Wir tun vergleichbar mit Großbritannien, Frankreich und Italien ziemlich viel und das ist exakt die Liga, in die wir gehören. …“

Zu Rüstungsexporten: "... In der Tat stellt sich bei Saudi-Arabien oder den anderen VAE-Staaten diese Stabilitätsfrage. Völlig klar. Und da ist die Einschätzung, wie man die Gefährlichkeit des Iran einschätzt von, und im Zusammenhang mit Israel, von einer ziemlich ausschlaggebenden Bedeutung für die Abwägung, und nicht die Abwägung der menschenrechtlichen Lage in Saudi-Arabien. Da sind wir nicht unterschiedlicher Meinung (zu Omid Nouripour von den Bündnisgrünen, der neben ihm saß). …“
In der Rede zuvor hatte der Kriegsminister gesagt: „ … Wir haben Interessen auch in Regionen der Welt, wo unsere Werte nicht so geachtet werden wie bei uns.
Nicht alle Regierungen achten Menschenrechte so wie wir. Auf einem Fest können Sie jedoch immer nur mit den Mädchen tanzen, die da sind. Das führt zu schwierigen Abwägungen. …“

Zu "humanitären Interventionen" auf Grund des Konzeptes der „Schutzverantwortung“ ("Responsibility to Protect"): „ … Da stellt sich ja die politische Frage ... : Was ist, wenn wir keinen UNO-Sicherheitsratsbeschluss kriegen, mit dem geltenden Völkerrecht, und gleichzeitig alle Voraussetzungen für Responsibility to Protect vorliegen, was dann? Und da ist meine Antwort ...: Wir sollten international agieren möglichst immer mit Sicherheitsratsbeschluss. Ich kann mir aber auch Situationen vorstellen, ... wenn es um wirklich allerschwerste Menschenrechtsverletzungen geht, und die von mir genannten übrigen Maßstäbe, wir können das und es ist sinnvoll, wir haben die Mittel, usw., wenn das erfüllt ist, glaube ich, kann man sich nicht von ein oder zwei Vetomächten im UNO-Sicherheitsrat komplett abhängig machen. (Beifall) …“

Zu den Folgen für die innere Sicherheit der BRD durch die Kriegseinsätze: „Wenn wir danach gingen, dann dürften wir manche Sachen überhaupt nicht machen. Aus Angst davor, dass es irgendwelche Rückwirkungen auf uns haben könnte, bestimmte Dinge, die wir verantwortlich für richtig halten, nicht zu machen, das geht gar nicht. Das heißt jetzt nicht umgekehrt, dass uns das total egal sein muss. Aber dann wären wir ja abhängig davon, dann kriegen wir drei Drohungen im Internet und dann lassen wir das plötzlich.  .... wir sind sowieso internationale Zielscheibe des Terrorismus, ob das jetzt mehr oder weniger wird, weiß ich gar nicht genau, aber selbst wenn es so wäre, würde ich meine Entscheidung davon nicht abhängig machen. …“

Zu UN-Einsätzen der Bundeswehr: „ … wir haben halt erhebliche Skepsis bei der Qualität der Führung durch die Vereinten Nationen, wie Sie wissen. Das ist halt im Umgang, professionell, der Führung und alldem, mit dem was NATO-Einsätze angeht, sehr sehr schlecht. ... in der Tat ist unsere Bereitschaft, auch führende Leute in diesem Bereich in die UNO zu schicken, nicht so groß ausgebildet wie anderswo. … Ich glaube, da müssen wir mehr machen und ich will auch gerne dazu beitragen. …“

Zu Kernwaffen in Deutschland: „… Wir bestätigen ja nicht die Existenz von Kernwaffen auf deutschem Boden, seit Jahrzehnten nicht ... . Ich möchte Ihnen nur Folgendes sagen: Solange die Nato ein Bündnis ist, was auch Kernwaffen hat, sollte auf allen Ebenen auch eine entsprechende Fähigkeit vorhanden sein, auf allen sozusagen Waffenebenen, die es dabei gibt, und wenn es da zu gemeinsamen Abrüstungsschritten kommt in dem Bereich, bin ich der Erste, der das unterstützt, aber einseitige Schritte von uns aus lehne ich ab.“

Überschrift am 28.2.13, 9.55 Uhr, geändert

Frieden für Syrien nicht gewollt

Mit neuen Waffenlieferungen an die "Rebellen" wird weiter aktiv ein Ende des Krieges gegen und in Syrien und damit eine friedliche Lösung des Konfliktes verhindert.

Sie wollen keinen Frieden in Syrien: Die „Rebellen“ von der „Freien Syrischen Armee“ haben ein Verhandlungsangebot der syrischen Regierung abgelehnt. Diese hatte sich zu Gesprächen bereit mit allen Oppositionellen erklärt, „auch mit jenen, die Waffen in der Hand halten“.

Warum sollten jene, die nur das eine Ziel, den Sturz von Präsident Bashar al-Assad, kennen und dafür unzählige Tote in Kauf nehmen, auch verhandeln? Ihre Förderer und Unterstützer unter den westlichen Staaten und deren arabischen Verbündeten haben ja oft genug erklärt, dass sie dieses Ziel teilen. Sie haben schon gemeinsam für die Zeit nach Assad geplant. Und dafür bekommen sie immer neue Waffenlieferungen. Während die USA noch offiziell darüber nachdenken, handeln ihre Verbündeten längst, auch in gemeinsamer Absprache. Aus arabischen Staaten werden inzwischen schwere Waffen, darunter Anti-Panzer-Waffen und rückstoßfreie Geschütze, über die jordanische Grenze an der syrischen Provinz Daraa in das Land geschmuggelt. Das berichtete die Washington Post am 24. Februar 2013. Damit werden angeblich „moderate“ Gruppen wie die FSA bewaffnet. Das geschehe, um den wachsenden Einfluss islamistischer extremistischer Gruppen im Norden von Syrien zu begegnen, zitiert die Zeitung Vertreter arabischer Staaten und der „Rebellen“. Die Herkunft der Waffen wird verschwiegen. Aber in dem Zusammenhang werden als die Länder, die am stärksten die „Rebellen“ unterstützen und zugleich beunruhigt sind über den wachsenden Einfluss der Islamisten, die USA und ihre europäischen Verbündeten sowie die Türkei und ausgerechnet Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar genannt. Und während die USA offiziell noch keine Waffen liefern wollen und nur darüber nachdenken, unterstützen sie die Lieferanten laut dem Zeitungsbericht aber mit Geheimdiensterkenntnissen über die Empfänger. „Wenn Sie al-Nusra schwächen wollen, tun Sie es nicht durch Zurückhaltung, sondern durch eine Stärkung der anderen Gruppen“, zitiert die Washington Post einen arabischen Regierungsvertreter. Louay al-Mokdad, politischer und Medien-Koordinator der FSA, habe bestätigt, dass die neue Waffen nicht vom Schwarzmarkt oder von eroberten Armeestützpunkten stammten, ohne die konkrete Quelle zu nennen. Als solche werde allgemein laut Zeitung Saudi-Arabien angenommen, das unterstützt werde von seinen arabischen, US- und europäischen Verbündeten. Eliot Higgins, ein britischer Blogger, der unter dem Pseudonym Moses Brown über die „Rebellen“-Aktivitäten schreibt, habe festgestellt, dass diese seit einiger Zeit mit Anti-Panzer-Waffen vom Typ M-79 und rückstoßfreie Geschütze vom Typ M-60 aus den Beständen der einstigen jugoslawischen Armee ausgerüstet seien. Solche Waffen gebe es bei der syrischen Armee nicht. Sie hätten dazu beigetragen, dass die Kämpfe zwischen „Rebellen“ und Armeeeinheiten in der Provinz Daraa heftiger geworden seien. „Sie sind die richtige Art von Waffen, und das, wonach die Rebellen immer gefragt haben“, stellte laut Washington Post Jeff White vom Washingtoner Institut für Nahostpolitik fest. Saleh al-Hamwi, der die „Rebellen“-Einheiten in der Region Homs koordiniere, vermute als Ziel der internationalen Unterstützung, die bewaffneten Gruppen gerade mit so viel Feuerkraft auszustatten, um Assad zu Verhandlungen zu zwingen, „aber nicht genug, um ihn zu stürzen. „Die internationale Gemeinschaft benutzt uns, um Druck auf Bashar auszuüben.“

Der österreichische Standard brachte am 26. Februar 2013 einen Bericht der Nachrichtenagentur APA, dass Medienberichten zufolge kroatische Waffen nach Syrien geliefert werden. „Der kroatische Militär-Experte Igor Tabak sagte der APA, dass kroatische Waffenlieferungen ‚nicht ausgeschlossen‘ seien.“ In den Videos von den „Rebellen“ in Syrien seien „vier Arten von Waffen aufgetaucht, drei davon wurden in jugoslawischen Zeiten hergestellt, eine davon erst nach dem Bürgerkrieg in Kroatien“. Alles deute auf Kroatien hin. Je nach Gebiet, in dem die Waffen aufgetaucht seien, könnten unterschiedliche legale Lieferwege möglich sein: Im Süden über Jordanien, im Norden über die Türkei. Der APA-Bericht verweist auf die New York Times vom 25. Februar 2013, die geschrieben hatte, dass Saudi-Arabien die Waffenlieferungen finanziere und die US- und andere westliche Regierungen davon wüssten. Mehrere Flugzeugladungen von Waffen hätten Kroatien seit Dezember 2012 verlassen und den „Rebellen“ seitdem Erfolge gegen die Armee ermöglicht. Sie seien ein Teil des undeklarierten Überschusses aus den jugoslawischen Zerfallskriegen in den 90er Jahren. Es soll auch eine Antwort auf iranische Waffenlieferungen für die syrische Armee sein. Washingtons Rolle dabei sei „nicht klar“, meint die New York Times. Ein Informant habe der Zeitung gesagt, dass ein kroatischer Regierungsvertreter im Sommer 2012 in Washington angeboten habe, kroatische Waffen an die Rebellen zu liefern, "sollte es Interesse geben". Laut dem Bericht hat die kroatische Zeitung Jutarnji list am 23. Februar 2013 berichtet, dass in den letzten Monaten ungewöhnlich oft jordanische Frachtflugzeuge am Flughafen Pleso in der Hauptstadt Zagreb gesehen wurden. Die Zeitung veröffentlichte auch ein Foto eines der Flugzeuge. Die USA als wichtigster kroatischer Verbündeter
werden als Vermittler der Waffenlieferungen bezeichnet. Kroatien habe wahrscheinlich keine Waffen direkt an die syrischen Rebellen verkauft, sondern an ein Drittland, welche sie nach Syrien brachte.

All das geschieht mit vollem Wissen und unter Kontrolle der USA, aber auch Israels. Das bestätigte das Onlineverlagsportal mcclatchy.com am 22. Februar 2013. Beide Länder kontrollieren die Waffenlieferungen und beobachten, an welche „Rebellen“-Gruppen in Syrien sie gehen, heißt es in dem Bericht. „Israel stört und stoppt die Waffenlieferungen an die Rebellen nicht, aber es will sicherstellen, dass es weiß, was sie haben", wird ein israelischer Militärsprecher zitiert. Ein anderer Informant erklärte dem Portal, dass es darum gehe, die „moderaten“ Kräfte unter den „Rebellen“ zu stärken im Vergleich zu den islamistischen Gruppen, welche die „besten Kämpfer“ hätten. Es werde befürchtet, „dass die gleiche Waffe, mit der ein syrischer Soldat erschossen wird, eines Tages verwendet wird, um einen israelischen Soldaten zu erschießen." Die Militärs bestätigten dem Bericht zufolge, dass viele Waffenlieferungen aus der Türkei nach Syrien gebracht werden. Saudi-Arabien und Katar seien die wichtigsten Finanziers. Israel wolle verhindern, dass Waffen in die Hände von feindlichen Gruppen wie die „Jabhat al-Nusra“  in Syrien oder die Hisbollah im Libanon gehen, kommentierte die Jerusalem Post am 23. Februar 2013 den Online-Bericht. Weil auch Israel auf einen Sturz Assads spekuliert, unternimmt es nichts gegen die Waffenlieferungen an die „Rebellen“, solange es sich davon nicht bedroht fühlt. Die Meinungen in Israel dazu seien geteilt, schreibt die Zeitung aus Jerusalem. Aber so trägt auch die israelische Regierung dazu bei, dass der Krieg in dem und gegen das Nachbarland verlängert wird, im Reigen mit den USA und europäischen Staaten, aber auch mit Saudi-Arabien und anderen arabischen Diktaturen.

Nachtrag: "USA bereit zu Entscheidung über direkte Hilfe für bewaffnete Aufständische in Syrien" (RIA Novosti, 27.2.2013)

Nachtrag II: Die Obama-Administration ist laut Washington Post vom 27.2.2013 bereit, den syrischen "Rebellen" Ausrüstung wie Schutzwesten und gepanzerte Fahrzeuge zu liefern und sie mit militärischer Ausbildung zu unterstützen. Aussenminister John Kerry wolle über diese Pläne auf seiner gegenwärtigen Reise durch Europa und den Nahen Osten mit seinen Gesprächspartnern reden.

Nachtrag III: Es ist auch alles nichts Neues, wie eine Meldung von 2012 zeigt und an die in dem Zusammenhang erinnert werden soll bzw. muss: "Der Auslandsgeheimdienst CIA kontrolliert einem Zeitungsbericht zufolge den Waffennachschub für die syrischen Rebellen. Ein CIA-Team befindet sich in der südlichen Türkei, um zu verhindern, dass die Waffen in die Hände des Terrornetzwerkes Al Qaida gelangen.
Die Waffen, in erster Linie Sturmgewehre, Panzerfäuste und Munition, die für den Kampf gegen die syrische Regierungsarmee bestimmt seien, würden mithilfe der Organisation „Moslembrüder“ und anderer Vermittler durch die türkische Grenze nach Syrien geschmuggelt, berichtet die „New York Times“ unter Verweis auf Quellen in der US-Administration und in arabischen Geheimdiensten.
Finanziert werden die Lieferungen von der Türkei, Saudi-Arabien und Katar. Zuvor hatte Washington beteuert, keine Rüstungserzeugnisse direkt an die syrische Opposition zu liefern, jedoch eingeräumt, dass Syriens Nachbarn dies tun könnten, so die „New York Times“. ..." (RIA Novosti, 21.6.2012)
Hier ist der erwähnte Bericht der New York Times nachlesbar.


Dienstag, 26. Februar 2013

Kriegstreiber beim Namen nennen - Folge IV

Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen! Das gilt auch für Kriegshetze. Ich setze die Liste von aktuellen deutschen und deutschsprachigen Kriegstreibern und -hetzern fort. Hier ist Folge I zu lesen, und hier Folge II, hier Folge III.

Lothar Rühl in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. Februar 2013: "Als neue Option zur Beendigung des Bürgerkrieges wird über eine Intervention diskutiert". Rühl hält eine „Intervention aus der Luft“ für möglich: „Die Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten und der Nato wären dazu in der Lage“, wie der Krieg gegen Libyen gezeigt habe. ...
Anlässe gibt es für Rühl gleich mehrere: die angebliche Gefahr durch die syrischen Chemiewaffen, die Gefahr einer regionalen Ausweitung des Konfliktes dazu, aber auch die eines Sieges der ungeliebten, aber wieder einmal nützlichen militanten Islamisten. Ein solcher wird befürchtet, aber wahrscheinlich auch erhofft: „Damit verstärken sich die Gründe für eine ausländische Intervention mit dem Ziel, eine neue Lage zu schaffen, in der Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges und der Massaker an der Bevölkerung möglich würden.“ Nur so könne verhindert werden, dass der Krieg in Syrien weitergeht und sich ausweitet.

Wolfgang Bauer in Die Zeit vom 21. Februar 2013: "Der Westen muss sich in Syrien einmischen. ...
Die Entscheidung, militärisch in Syrien nicht zu intervenieren, erweist sich so verhängnisvoll wie vor zehn Jahren der Entschluss, im Irak zu intervenieren. Ohne ein Eingreifen der Staatengemeinschaft werden die Islamisten weiter gestärkt. ... Ohne ein militärisches Eingreifen wird es immer unwahrscheinlicher, dass Syrien als Staat überhaupt überlebt."

Lenz Jacobsen auf zeit.de am 6.12.2012: "Eine Syrien-Intervention darf kein Tabu sein ... Auf der anderen Seite aber ist noch lange kein Kriegstreiber, wer offen über ein militärisches Eingreifen redet.
Denn so kann es nicht weitergehen. Der Bürgerkrieg in Syrien dauert nun schon 20 Monate, täglich sterben mehr Menschen als in der schlimmsten Phase des Irakkriegs. Die Menschen in den Dörfern sind den massiven Luftangriffen Assads völlig hilflos ausgeliefert, sie haben noch nicht einmal Keller, in die sie flüchten könnten. Nun berichten der amerikanische Geheimdienst und ein Fernsehsender, die Armee könnte bald auch Chemiewaffen einsetzen. ..."

Dominic Johnson in der taz vom 16.10.2012: "... Mit jedem weiteren Kriegstag schwindet die Aussicht auf einen 'demokratischen Neuanfang in Syrien' weiter. Ein Eingreifen hinauszuzögern oder gar ganz zu verhindern bedeutet, wissentlich den Tod weiterer zehntausender Syrer in Kauf zu nehmen und die Perspektiven immer weiter zu verdüstern. Nur durch eine militärische Intervention ist das Morden überhaupt noch zumindest punktuell einzudämmen und ein Stück Hoffnung am Leben zu erhalten.  ..."

Dominique Moïsi (aus Frankreich) auf welt.de am 17.9.2012: "Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht länger verstecken. Noch ist im Westen nichts zu hören von einer Intervention in Syrien. Dabei wäre es längst notwendig, die Rebellen zu unterstützen."

Martin Gehlen in Stuttgarter Zeitung online am 29.8.2012: "Syrien ist auf dem Weg zur Hölle. UN-Sicherheitsrat hin oder her, ob sie es riskieren will oder nicht: die internationale Gemeinschaft wird in absehbarer Zeit in dem Land intervenieren müssen. ..."

Montag, 25. Februar 2013

Wenn Wahlen was verändern würden ...

... wären sie längst verboten, heißt es. Das muss verhindert werden, denken sich anscheinend führende Köpfe von zwei Parteien: Peer Steinbrück verspricht den Konzernbossen, dass sich mit der SPD nichts ändern würde, und Lothar Bisky empfiehlt der Linkspartei, Steinbrück zum Kanzler zu machen.
Wahlkampfzeiten sind verrückte Zeiten. Da wird versprochen und umgarnt, da wird vorgegaukelt und gelogen. Nach der Wahl, kaum dass die ersten Hochrechnungen verkündet wurden, gilt das alles nicht mehr. Aber mittendrin gibt es Momente, da scheint ganz klar so etwas wie Wahrheit auf. Da wird deutlich, was nach dem Wahltag tatsächlich zu erwarten ist. Zwei solche wurden in den letzten Tagen gemeldet.

Der erste Moment war am 21. Februar 2013, als das Handelsblatt meldete: "Peer Steinbrück will sich als Partner der Wirtschaft positionieren." Der SPD-Kanzlerkandidat habe sich am Vorabend vertraulich mit Vorständen und Geschäftsführern von Dax- und M-Dax-Konzernen sowie deutschen Ablegern internationaler Weltunternehmen in Berlin getroffen. Dabei habe Steinbrück den Konzernbossen und -vertretern erklärt, wie er den deutschen Wirtschaft- und Industriestandort stärken will. "Steinbrücks Botschaft, so berichten Teilnehmer, sei gewesen: Die Wirtschaft brauche keine Sorge vor einer SPD-Regierung zu haben, auch in der Steuerpolitik werde es keine Wende nach links geben. In der SPD-Zentrale hieß es zu dem Treffen, dass sich Steinbrück jetzt intensiver als 'wirtschaftsnah' positionieren wolle." Nein, überraschend ist das nicht. Wer anderes von Steinbrück erwartet hatte,  mag verständliche Hoffnungen gehabt haben. Hoffnungen, weil sich natürlich etwas ändern müsste hierzulande. Aber nicht mit den Sozialdemokraten ...

Und auch nicht mit der Linkspartei: Davon kündete eine Meldung der ZEIT am selben Tag, an dem das Handelsblatt die Meldung zu Steinbrück brachte. Danach empfiehlt Ex-Parteivorsitzender Lothar Bisky seinen Genossen, mit der SPD und den Grünen zusammen Steinbrück als Kanzler zu wählen. Ein "rot-rot-grünes" Bündnis wäre „eine Chance für Die Linke, aus ihrer Enge herauszukommen", meint Bisky laut ZEIT. "Wenn seine Partei klug wäre, so der frühere Parteivorsitzende, würde sie Steinbrück zum Kanzler wählen. 'Ich jedenfalls kann es mir vorstellen, warum denn nicht?'" Doch der heutige Europaparlamentarier der Linkspartei will nicht nur, dass seine Partei sich der todessehnsüchtigen SPD andient. Er enpfiehlt ihr auch, sich endlich mit der Nato zu versöhnen. Während das Kriegsbündnis sich weltweit ausdehnt, soll die Linkspartei ihre außenpolitischen Positionen, etwa zu einem Ausstieg aus der Nato, korrigieren. Den empfohlenen Abschied vom Charakter und der Existenz als Antikriegspartei  garniert Bisky laut ZEIT mit realpolitischen "Weisheiten": "Die Linke wird sich auf ihren Glaubenssätzen nicht ewig ausruhen können."

Steinbrück überrascht nicht. Vielleicht hat Albrecht Müller Recht, dass der angebliche Kanzlerkandidat nebst den anderen führenden Sozialdemokraten für ganz andere Leute arbeitet. Bisky überrascht eigentlich auch nicht, wie der Blick auf die Linkspartei in den letzten Jahren zeigt. Solche realpolitischen Ratschläge gab er auch schon, als er noch die PDS führte. Aber das sind keine klugen Hinweise, sondern schlechte Tipps. Sie müssen auch dumm genannt werden. Niemand rät seiner eigenen Organisation ernsthaft, genau das aufzugeben, was sie von anderen unterscheidet. Tut er es dennoch, kann er nur als dumm oder selbstmörderisch bezeichnet werden. Oder es ist mit Albrecht Müller die Frage zu stellen, für wen Bisky arbeitet ... Womit wir wieder bei der Frage nach dem Zustand der bundesdeutschen Demokratie, nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes, wären.

Nachtrag vom 26.2.13:
Ich habe das Interview in der gedruckten ZEIT nun gelesen und muss feststellen, in den von mir zitierten Auszügen wurde korrekt wiedergegeben, was Bisky zu Steinbrück, SPD und Aussenpolitik gesagt hat, da wurde nichts weggeleassen. Das Interview selbst dreht sich hauptsächlich um Gregor Gysi und Bisky Leben in der DDR.
Ich sehe also keinen Anlass, meine Bewertung von Biskys Ratschlägen an die PDL zu korrigieren oder gar zurückzunehmen.

Samstag, 23. Februar 2013

Syrien: Kriegstreiber versuchen alten Gaunertrick

Immer wieder angedroht, bisher nicht offen durchgeführt, aber noch nicht vom Tisch: Eine direkte Intervention des Westens in Syrien nach dem Muster "Haltet den Dieb!"

Bisher ist es nicht zu einer offenen Intervention in Syrien gekommen. Der offene und verdeckte Krieg in und gegen Syrien ist schlimm genug, ebenso, dass er immer noch nicht beendet ist. Doch die Gefahr einer Intervention ist längst noch nicht vorbei. Wiederholt wurde und wird über sie diskutiert, wird sie ins Spiel gebracht. Erst waren es die angeblich von der Armee und Regierungskräften verursachten Massaker in Hula, Homs und anderswo, dann wurden die Chemiewaffen der syrischen Armee als Grund genannt. Auch dann wird darüber fabuliert und damit gedroht, wenn dem Anschein nach den von den führenden westlichen Staaten und deren arabischen Partner unterstützten und geführten „Rebellen“ eine Niederlage droht. Nun schon seit zwei Jahre lang versuchen sie bisher erfolglos, aber dafür um so blutiger, Syriens Präsident Bashar al-Assad zu stürzen. Dieses Ziel, das sie mit ihren westlichen und arabischen Fördern und Unterstützern teilen, haben sie immer noch nicht erreicht. Am 28. Mai 2011 hatte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy das erste Mal von Assads Sturz gesprochen. Am 18. August 2011 folgte im das erste Mal US-Präsident Barack Obama. Fast ließe sich sagen, dass die westlichen Regimewechsler im Fall Syrien gescheitert sind. Laut der libanesischen Zeitung Al-Akhbar sagte Assad Ende Januar, dass die syrische Armee die Situation unter Kontrolle habe und der Krieg innerhalb von zwei Wochen beendet sein könne, wenn die Türkei aufhört, die „Rebellen“ zu unterstützen.

Das wäre nicht im Sinne der westlichen Regimewechsler, die in Syrien erreichen wollen, was ihnen in Libyen mit dem Einsatz der eigenen Bomben gelang. Und so ist in der FAZ vom heutigen 23. Februar 2013 unter dem Titel „Syrische Falle“ zu lesen: „Als neue Option zur Beendigung des Bürgerkrieges wird über eine Intervention diskutiert“ (nicht online verfügbar). FAZ-Autor Lothar Rühl schreibt, dass für die „ratlose“ westliche Politik seit der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar 2013 „die militärische Option der Kriegsbeendigung durch eine Intervention von außen wieder mehr in den Vordergrund“ getreten sei, weil angeblich „andere Perspektiven“ fehlen. Rühl hält eine „Intervention aus der Luft“ für möglich: „Die Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten und der Nato wären dazu in der Lage“, wie der Krieg gegen Libyen gezeigt habe. Noch würden westliche Politiker und Militärs zögern, aber ihre arabischen Verbündeten wie die Herrscher Katars drängeln dem Autor zufolge. Sie sind unzufrieden, da die von ihnen finanzierten, ausgebildeten und unterstützten „Rebellen“ in Syrien ihre Aufgabe bisher nicht erfüllten.

FAZ-Kriegshetzer Rühl zählt zum Dilemma der internationalen Politik, die sich in der „syrischen Falle“ befinde, die angebliche Gefahr durch die syrischen Chemiewaffen. Ebenso gehöre die Gefahr einer regionalen Ausweitung des Konfliktes dazu, aber auch die eines Sieges der ungeliebten, aber wieder einmal nützlichen militanten Islamisten. Ein solcher wird befürchtet, aber wahrscheinlich auch erhofft: „Damit verstärken sich die Gründe für eine ausländische Intervention mit dem Ziel, eine neue Lage zu schaffen, in der Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges und der Massaker an der Bevölkerung möglich würden.“ Nur so könne verhindert werden, dass der Krieg in Syrien weitergeht und ausweitet. Womit wie beim alten Gaunertrick "Haltet den Dieb!" das, wofür der Westen und seine arabischen Verbündeten von Anfang an verantwortlich ist, nun als Anlass herhalten muss, endlich eingreifen zu können. Der FAZ-Beitrag ist ein weiterer Beleg für die perverse westliche Kriegslogik. Anders kann ich das nicht bezeichnen. Dazu gehört auch, dass die USA mit ihrem Vetorecht verhinderten, daß der UN-Sicherheitsrat den schweren Anschlag in Damaskus am 21. Februar verurteilte. Inzwischen kündigt die vom Westen zusammengezimmerte syrische „Nationale Koalition“ an, in den von ihr kontrollierten Territorien des Landes eine eigene Regierung zu installieren.

Überschrift geändert 0.03 Uhr

Donnerstag, 21. Februar 2013

Buntes Bündnis mit klaren Forderungen

Auf einer Fachtagung in Berlin hat das "Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum" Berichten zufolge diskutiert, was notwendig ist für ein menschenwürdiges Leben.

Eine bunte Mischung fand sich vor gut zwei Jahren in einem Bündnis zusammen: Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Umweltorganisationen, Arbeitslosenselbsthilfegruppen, Bauernverbände, Gewerkschaften und die Globalisierungskritiker von attac. Sie haben anscheinend wenig gleiche Interessen, doch engagieren sie sich gemeinsam im „Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum“. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten begann im vergangenen Jahr die konkrete Arbeit. Am 8. Dezember 2012 präsentierte sich das Bündnis auf einer Pressekonferenz und stellte sein Anliegen vor. Auf der Homepage des Bündnisses ist das Gesagte von damals nachzulesen: Es gehe nicht nur ums Geld, nicht nur um höhere Regelsätze, erklärte Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) danach, „sondern auch darum, in was für einer Gesellschaft wir alle miteinander leben wollen. Auch wenn Hartz IV heute wirken soll wie der dunkle Keller der Gesellschaft, in den nur Loser gehören: Fakt ist, dass man schneller dort landen kann, als man denkt und es gelingt nur wenigen, dort wieder heraus zu kommen. Hartz IV ist Teil des gesellschaftlichen Gesamtsystems, wie Arbeit und Einkommen organisiert und verteilt werden.“

Wie ich erfuhr, traf sich das Bündnis am 18. Februar 2013 in Berlin zu einer ersten Fachtagung zum Thema: „Ein menschenwürdiges Leben kommt nicht allein“. Die Berichterstattung zu dem interessanten Bündnis und seinem wichtigen Anliegen ist dürftig. Nur Neues Deutschland und der Sozialverband Volkssolidarität berichteten über die Fachtagung (am Textende sind die Links dazu). Auf der Homepage des Bündnisses ist bisher nur die Ankündigung zu der Tagung zu finden. Weil ich das Thema selbst für sehr wichtig halte, zitiere ich aus den beiden Berichten.

Laut Fabian Lambeck vom ND waren mehr als 200 Teilnehmer nach Berlin gekommen, um darüber zu diskutieren, was notwendig für ein menschenwürdiges Leben und wie Widerstand gegen „Hartz IV“ möglich ist. Warum sich damit auch eine Milchbäuerin beschäftigt, beschreibt der Beitrag so: „Johanna Böse-Hartje von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ist an diesem Montag nicht nur Gast, sondern auch Rednerin. Kurz und knapp erläuterte die Norddeutsche, warum Hartz IV und Niedriglöhne auch den Bauern zu schaffen machen. ‚Wenn die Menschen so wenig Geld haben, dass sie nur noch bei Discountern einkaufen können, dann geraten auch die Bauern unter Druck‘. Alles drehe sich um Kostenreduzierung. ‚Das geht zu Lasten der Tiere und führt zu Umweltbelastungen, weil wir alles was geht aus den Böden rausholen müssen‘, so Böse-Hartje.“
Auf der Tagung sei deutlich geworden, dass die Bandbreite des Bündnisses den Konsens schwieriger macht, schreibt der ND-Autor. „So manch ein Teilnehmer in den Workshops kritisierte die ‚weichen‘ Forderungen des Bündnisses.“ Diese sind im Dezember in einem Positionspapier „Ein menschenwürdiges Leben für alle – das Existenzminimum muss dringend angehoben werden“ zusammengefasst worden, das auch auf der Homepage des Bündnisses zu finden ist. Guido Grüner verteidigte laut ND-Bericht die allgemein gehaltenen Vereinbarungen: „‘Andernfalls besteht doch die Gefahr, dass wir in Details steckenbleiben‘. Es sei ein großer Erfolg, dass ein Bündnis aus so unterschiedlichen Gruppen überhaupt zusammengefunden habe. ‚Wir müssen erst einmal zu einer breiten gesellschaftlichen Bewegung werden‘, unterstrich Grüner.“

Auf der Homepage des Sozialverbandes Volkssolidarität sind mehr Informationen zur Tagung zu finden. Danach hat die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlerin Birgit Mahnkopf daran erinnert: „Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes gilt für alle.“ Mahnkopf zufolge sei die Bundesrepublik aber „sehr weit entfernt“ davon, dass alle Menschen selbstbestimmt und menschenwürdig leben können. Auch die anderen zitierten Äußerungen der Wissenschaftlerin sind interessant. Sie habe die Forderung nach einem menschenwürdigen Existenzmimimum als gerechtfertigt bezeichnet. „Es gebe eine ‚skandalöse Lücke‘ zwischen den Lebenshaltungskosten und dem ‚mit fragwürdigen Mitteln‘ festgelegten Regelsatz für ‚Hartz IV‘-Leistungen und die Grundsicherung. Die Wissenschaftlerin begrüßte, dass in dem Positionspapier nicht zwischen sozialen und ökologischen Fragen getrennt, sondern im Gegenteil der Zusammenhang von beidem klargestellt werde. Der politisch geförderte Sozialabbau stehe im Widerspruch zu der eingeforderten sozial-ökologischen Wende. ‚Menschen, die vom Regelsatz leben müssen, können sich eine ökologische Lebensweise nicht leisten‘, so Birgit Mahnkopf. Für sie enthält das Papier ‚viele Forderungen, die breite gesellschaftliche Unterstützung verdient haben‘. Dazu gehöre auch die nach dem Ausbau der sozialen Infrastruktur mit guten Dienstleistungen für alle Bürger. Die Wissenschaftlerin sprach sich für einen ‚großen öffentlichen Sektor‘ aus. Der müsse Bereiche wie die Wasser- und Energieversorgung ebenso umfassen wie den öffentlichen Verkehr, die Kultur, die Bildung und das Wohnen. Er dürfe nicht auf Profitmaximierung, sondern müsse an dem Nutzen für die gesamte Gesellschaft orientiert sein. Der freie Zugang für alle zu guten öffentlichen Dienstleistungen sorge für Teilhabe und Integration und bewirke zugleich eine nachhaltige Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.“

ALSO-Vertreter Grüner hat aus meiner Sicht Recht, wenn er laut Bericht der Volkssolidarität feststellt, dass die herrschende Politik mit etwas wie der hohnsprechenden „Hartz IV“-Erhöhung um fünf Euro nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vor drei Jahren nicht mehr durchkommen dürfe. Er hat auch Recht damit, „dass sich die Verbände, Gewerkschaften und Betroffenenorganisationen gemeinsam wehren und konkrete Handlungsvorschläge machen“ sollten. Recht gebe ich auch Michaela Hoffmann, die für die Caritas in der Nationalen Armutskonferenz mitmacht. Sie sagte laut Onlinebericht, dass mehr Solidarität notwendig sei. Sie habe auf der Tagung festgestellt: „Die Grundsicherung sei sozial ungerecht und undemokratisch … . Michaela Hoffmann verwies auf ungerechte Regelsätze, einseitiges Fordern statt Fördern und den Zwang für Jugendliche, bis 25 bei den Eltern wohnen zu müssen. Dazu gehöre auch, wenn Leistungsbezieher auf Tafel und Suppenküchen verwiesen werden …“ Für Hoffmann zählen laut Bericht auch die noch niedrigeren Regelsätze für Asylbewerber dazu.

Dem Onlinebericht auf der Verbandsseite nach gab es bei der Tagung auch eine interessante Politikerrunde: „Da trafen Vertreter aller fünf im Bundestag vertretenen Parteien auf jene, die zum Teil selber betroffen sind und sich für bessere Lebensbedingungen engagieren.“ Gesagt wurde dabei wohl wenig Überraschendes und eher manch Empörendes, aber auch Zustimmendes für das Anliegen des Bündnisses.

Mag sein, dass das Bündnis bunt ist und dass deshalb ein Konsens schwer ist. Aber er ist aus meiner Sicht notwendig. Und das Anliegen des Bündnisses ist wichtig und mehr als gerechtfertigt. Schon allein, weil es auch etwas über den kritikürdigen Zustand der bundesdeutschen Demokratie aussagt, wie mit jenen umgegangen wird, die als "sozial benachteiligt" bezeichnet werden.

Dienstag, 19. Februar 2013

Aktuelles zu und aus Syrien

Der Krieg in und gegen Syrien dauert an. Leider ist das nichts Neues. Was fehlt sind Meldungen, dass tatsächlich eine Friedenslösung angestrebt wird, von allen.

Eine friedliche Lösung des Konfliktes wird schon dadurch erschwert, dass jene, die kämpfen und jene, die kämpfen lassen, um Präsident Bashar al-Assad zu stürzen, immer wieder neue verbale und reale Munition erhalten, vor allem vom Westen und dessen arabischen Verbündeten.

Im Folgenden sind einige bezeichnende Nachrichten der letzten Tage zusammengeführt (chronologisch rückwärts):
• "Die ausländischen Waffenlieferungen an die syrische Opposition gehen weiter und werden in der letzten Zeit immer umfassender, wie der stellvertretende russische Außenminister Gennadi Gatilow am Dienstag in Moskau in einer Pressekonferenz bei RIA Novosti sagte. ... Die Bewaffnung einer der Konfliktseiten erschwere wesentlich die Versuche, die verfeindeten Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen, so Gatilow. ..." (RIA Novosti, 19.2.2013)

• "Ein vor wenigen Tagen bekannt gewordener 'Friedensplan' für Syrien scheint sich derweil als Chimäre zu entpuppen. Sowohl die Autoren des Plans als auch die politischen Schritte, die der Plan erfordern würde, seien völlig im Unklaren, meinte ein Gesprächspartner, der gut über die Arbeit des UNO-Sondervermittlers Lakhdar Brahimi informiert ist und namentlich nicht genannt werden möchte. Abgesehen davon, dass erklärt werden müsse, aus welchen gesellschaftlichen Gruppen ein angeblich zu wählender Senat sich zusammenstellen solle, müsse klar sein, wer wann wie und wo wählt und von wem gewählt werden könne. Beide Seiten müssten zustimmen und man brauche man einen Waffenstillstand, nicht umgekehrt, wie der Plan es angeblich vorsehe. ..." (Karin Leukefeld, 18.2.2013)
Anmerkung: Auf den gemeldeten Friedensplan hatte ich auch hingewiesen. Allerdings stimmt folgendes Detail des angeblichen Planes "UN-Vermittler Brahimi: Begegnung zwischen syrischer Regierung und Vertretern der Opposition könnte in Genf stattfinden" (junge Welt, 19.2.2013)

• "Geiselnahmen durch Rebellen, mutwillige Zerstörung durch das Regime: Die Syrien-Kommission der UNO, zu der auch Carla del Ponte gehört, fordert, dass der Internationale Strafgerichtshof in Syrien ermitteln darf." (Tages-Anzeiger, 18.2.2013)

• Bei SPIEGEL online wird erneut behauptet, dass Syriens Präsident Giftgas produzieren lasse und einsetzen wolle. Doch Beweise bleiben Fehlanzeige. (SPIEGEL online, 18.2.2013)

• "Rebellen planen islamischen Staat in Syrien" (Der Standard, 18.2.2013)

• Aleppos Bürger versuchen, die islamistische Herrschaft zu verhindern (Al Monitor, 18.2.2013)

• "... Die Möglichkeit für einen Dialog der syrischen Opposition mit Vertretern der Behörden war Thema eines Treffens Brahimis mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, am Freitag.
„Sollte ein Dialog zwischen der Opposition und der  syrischen Regierung in einem der UN-Büros beginnen, so könnte das den Ausweg aus einem dunklen Tunnel einleiten, in den Syrien eingetreten war“, sagte Brahimi. ..." (RIA Novosti, 18.2.2013)

• Ein hochrangiger syrischer Regierungsvertreter gab laut eines Berichtes einer libanesischen Zeitung bei einem Besuch in Beirut eine optimistische Sicht auf die Situation. Diese sei aus Regierungsssicht außerordentlich gut, auch in bezug auf die militärische Lage und die Unterstützung im Ausland. Russland und China stünden voll hinter Syrien, auch wenn sie das auf internationalem Parkett nicht so offen zeigten. Beide Länder berieten die syrische Regierung bei der Suche nach einer Lösung des Konfliktes durch Verhandlungen und Gespräche. Der Iran ist dem Bericht zu Folge ein "vollwertiger Partner". Das Lager der bewaffneten Regierungsgegner sei "konfus" und "zersplittert". Der Westen würde sich zurückziehen und sich neu orientieren nach "zwei Jahren offenen Krieges gegen uns". Frankreich sei in Mali beschäftigt und kämpfe dort gegen die gleichen Dschihadisten, die es in Libyen unterstützte. Das feindliche Lager würde dominiert von denen, die eine "persönliche Vendetta gegen uns" haben. Dazu gehörten einige Führer arabischer Nachbarstaaten, "die zuvor die engsten Freunde waren". Diese behinderten eine Lösung des syrischen Konfliktes. (Al Monitor, 18.2.2013)

• "Soll die EU ihre Embargomaßnahmen gegen Syrien so lockern, dass die Lieferung von Waffen an die Opposition im Bürgerkrieg erleichtert wird oder nicht? Über diese Frage kam es am Montag im Außenministerrat in Brüssel zu einer heftigen internen Debatte. Angeführt vom Briten William Hague, der offen "eine breitere Unterstützung" der Oppositionellen forderte, sprachen sich auch Frankreich, mit Abstrichen Belgien, dafür aus. Eine Mehrheit der Mitgliedsländer lehnt dies jedoch vollkommen ab, voran Deutschland. ... Man einigte sich letztlich in einem Kompromiss darauf, dass die Embargomaßnahmen der EU um drei Monate verlängert werden. Ausnahmen soll es nun aber für 'nicht-tödliches' Militärmaterial geben. Darunter fallen zum Beispiel gepanzerte Fahrzeuge, die zum Schutz von Opfern und Verletzten eingesetzt werden können. Vor der Lieferung ausgeschlossen bleiben aber 'Waffen und Munition', ..." (Der Standard, 18.2.2013)

• "UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hat die internationale Gemeinschaft aufgefordert, in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Ob es sich dabei um einen Friedenseinsatz, eine militärische Intervention oder eine Anrufung des Internationalen Strafgerichtshofs handle, müsse von den Regierungen entschieden werden ..." (Der Standard, 17.2.2103)

• "Der Krieg in Syrien zwingt die Wirtschaft des Landes in die Knie. Sanktionen, der Abfluss von Geldern und Know-how sowie die Zerstörung der Infrastruktur haben das Bruttoinlandprodukt im Vergleich zu 2010 um 81,7% einbrechen lassen. ..." (Neue Zürcher Zeitung, 16.2.2013)

• Die US-Streitkräfte sind auf einen Einsatz in Syrien vorbereitet. Das sagte der US-Stabschef General Raymond Odierno während einer Veranstaltung des Brooking Institutes am 15. Februar 2013. Die US-Truppen seien bereit, "falls eine Intervention erforderlich ist". Die Planungen würden fortgesetzt, um jederzeit eingreifen zu können. Es sei nur noch eine Frage des Zeitpunktes, wann ein "neues Regime" in Syrien an die Macht käme, so der US-General. Er frgate, "was können wir tun, mit politischen und anderen Mitteln, dieses Regime zu unterstützen und zu sichern, dass es ein produktives Mitglied der regionalen Sicherheitsarchitektur im Nahen Osten wird". (Transkript Brookings Institution, 15.2.2013) China Radio International brachte eine der wenigen Meldungen dazu.

• "Rebellen kämpfen mit Waffen aus Deutschland und Österreich" (Blog Medien-Lügen, 30.1.2013)

ergänzt um 22.27 Uhr

Sonntag, 17. Februar 2013

Demokratie, Propaganda und Wirklichkeit

Die Bundesrepublik ist ein Muster an Demokratie und Rechtsstaat, heißt es allenthalben. Doch gibt es als Gegenbeleg nicht nur seit 45 Jahren geltende Notstandsgesetze.

Im Folgenden sind einige Nachrichten aus der Bundesrepublik aufgeführt, welche zeigen, wie es um die Demokratie und den Rechtsstaat, festgeschrieben im Grundgesetz, in der Bundesrepublik steht. Davon zeugt nicht nur, dass die 1968 beschlossenen Notstandsgesetze immer noch gültig und anwendbar sind. Kommen solche oder ähnliche Nachrichten aus Russland, der Ukraine, aus Kuba, auch aus Syrien oder einem anderen Land, das von bundesdeutschen und anderen westlichen Politikern im Chor mit  den Mainstream-Medien als "Diktatur" oder gar als "Schurkenstaat"  bezeichnet wird, was gäbe das wieder für einen Wirbel. Wie würden alle, samt Linkspartei, sich für Freiheit und Demokratie in dem Land an die mediale und die verdeckte Front werfen, sich übertreffen in Forderungen an die jeweilige Staatsführung, doch endlich demokratisch zu herrschen oder am besten abzutreten. Dabei hätten sie, würden sie ihre Forderungen ernst meinen, im eigenen Land genug zu tun.

So berichtete ZEIT online am 14. Februar 2013, dass nach dem Willen des Bundesinnenministeriums Bundesbehörden nicht mehr länger Journalisten gegenüber auskunftspflichtig sein sollen. Das sind sie bisher nach den Pressegesetzen der Bundesländer. Interessant ist, dass das Vorhaben einen Anlass hat, der mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der Gründergeneration des Bundesnachrichtendienstes (BND) verbunden ist. "Für die Behörde ist das eine unangenehme Frage." Also wird die Antwort verweigert. Der Fall landete vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Begründung des Bundesvertreters beim Gericht für die ablehnende Haltung ist interessant, weil sie auch ein Schlaglicht darauf wirft, was der hochgelobte Föderalismus der Bundesrepublik gilt, wenn es um (Macht)Grundfragen geht:  "In Deutschland sind die Länder für das Presserecht zuständig; der Anspruch auf Auskunft ist daher in den Landespressegesetzen geregelt. Doch Landesrecht könne nicht für Bundesbehörden gelten... Also könnten die Landespressegesetze auch Bundesbehörden nicht dazu zwingen, Auskünfte zu erteilen. Das sei ein 'unzulässiger Eingriff in den Hoheitsbereich des Bundes'. Und auch nach dem Grundgesetz habe die Presse kein Recht, ihren Anspruch einzuklagen." Laut ZEIT online "ist zu befürchten, dass die Richter dem Bund recht geben": Die Stellungnahme des Bundes in dem Fall stütze sich auf einen Aufsatz des Juristen Jan Hecker aus dem Jahr 2006. "Der fordert ein Ende der Bindung von Bundesbehörden an die Landespressegesetze. Hecker arbeitete im Innenministerium, nun sitzt er als Richter im sechsten Senat des Bundesverwaltungsgerichtes – jenem Senat, der am 20. Februar ein Urteil über das BND-Verfahren sprechen wird."

Diesem verdeckten Angriff auf die grundgesetzlich festgeschriebene Pressefreiheit ähnlich ist ein offener Angriff auf diese: Die bundesweite Razzia gegen Pressefotografen Anfang Februar, über die unter anderem bei freitag de berichtet wurde. Wer da als "gefährlich" eingestuft wird, zeigt sich u.a. daran, dass für Justizkreise nicht immer klar sei, wer als Journalist und wer als Privatperson oder Sympathisant der linken Szene unterwegs sei. Diese Unklarheit wird dann mit Hilfe eines Angriffs auf die Pressefreiheit geklärt. Weil den bundesdeutschen Justizbehörden linke Sympthisanten, ob echte oder angebliche, so suspekt sind, dass deren Wohnungen wie die von Verbrechern durchsucht werden dürfen.

Aber die Medien sind nicht nur Opfer solchen undemokratischen Verhaltens , für die andere Länder gern zu "Diktaturen" erklärt werden. Nein, stattdessen sind vermeintliche Spitzenjournalisten und Sender- und Verlagsfunktionäre "ganz auf Linie mit den Eliten". Sie widerlegen damit die Legende von den Medien als "vierter Gewalt" und deren Kontrollfunktion in einer demokratischen Gesellschaft. Telepolis berichtete am 11. Februar 2013 über eine entsprechende Studie des Medienwissenschaftler Uwe Krüger. Die Daten seiner Analyse von Netzwerken "deuten darauf hin, dass sich Journalisten vielerorts in vertraulichen Runden mit den Mächtigen treffen". Krüger sieht das zu Recht "in einem klaren Gegensatz zu der demokratietheoretisch begründeten Erwartung, Journalisten sollten Distanz zu den Mächtigen halten, um sie kritisieren und kontrollieren zu können". Am auffälligsten sei der Befund, "dass vier leitende Journalisten der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Welt und der Zeit stark in US- und Nato-affinen Strukturen eingebunden waren." Krüger nennt Namen wie Klaus-Dieter Frankenberger von der FAZ und Josef Joffe von der Zeit , Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung und Michael Stürmer von der Welt. Der Wissenschaftler stellt fest: "Die Journalisten lagen ganz auf Linie mit den Eliten und benutzten sogar klassische Propagandatechniken."

All das ist weit weniger verwunderlich als es klingt, finde ich. Es zeigt ebenso, dass die Wirklichkeit noch jede vermeintliche "Verschwörungstheorie" übertrifft. Denn es geht auch hierzulande um Macht und deren Sicherung mit allen Mitteln. Und da gilt etwas, was ein deutscher Politiker vor fast 70 Jahren so beschrieb: "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben." Walter Ulbricht, der das laut Wolfgang Leonhard gesagt haben soll, kam zwar aus einer ganz anderen politischen Richtung. Gern wird mit Hilfe dieses Zitates gezeigt, wie böse die deutschen Kommunisten in der DDR waren und an sich sind. Es hat auch indirekt etwas mit dem undemokratischen Vorgehen von Justiz- und Bundesbehörden und auch mit den Eliten dieses Landes zu tun: Linke gelten als gefährlich, ob als vermeintlicher oder echter Sympathisant, ob als echter, selbsterklärter oder nur verdächtigter Kommunist. Aber am Ende zeigt sich, dass die Herrschenden alle gleich sind, wenn es um ihre Macht geht. Es bleibt nur die Frage: Cui bono?

Ich werde bei Gelegenheit, die sich sicher (leider) ergeben wird, weitere ähnliche Nachrichten über den Zustand der Demokratie hierzulande zusammentragen.

Nachtrag vom 21.2.2013: Das Bundesverwaltungsgericht hat dem BND Rercht gegeben. "Bundesbehörden sind Medien nicht uneingeschränkt zur Auskunft verpflichtet." (ZEIT online, 20.2.2013) BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, Az. 6 A 2.12

Donnerstag, 14. Februar 2013

Friedensplan für Syrien vorgestellt

Diese Meldung fand ich am heutigen 14. Februar 2013 beim österreichischen Standard: "Die arabische Zeitung Al-Sharq Al-Awsat hat einen Friedensplan für Syrien veröffentlicht, der mit Hilfe der Vereinten Nationen formuliert worden sein soll." Danach haben Mitglieder der Opposition in Syrien gemeinsam mit Vertretern der syrischen Regierung und der UNO an dem Dokument gearbeitet.

Der Meldung zufolge sieht der Plan ein Übergangsparlaments mit zwei Kammern unter Beteiligung von Vizepräsident Faruk al-Sharaa vor. Zugleich wird er als Gesprächsgrundlage für konkrete Verhandlungen bezeichnet, die auch mit Vertretern der Exilopposition geführt werden sollen. Inzwischen habe ich die Originalmeldung der arabischen Zeitung online gefunden. Soweit ich es verstehen kann, gilt der Plan bisher als geheim und wurde noch nicht offiziell vorgestellt. Die Zeitung beruft sich auf Quellen aus der syrischen Opposition. Das Dokument stütze sich auf Kapitel VI der UN-Charta, das ein Eingreifen von außen ausschließt. Der noch nicht offizielle Charakter erklärt auch, warum sich die syrische Regierung dazu noch nicht geäußert hat, wie dpa meldete. Wenn ich es nicht falsch verstehe, soll der Plan von allen beteiligten Seiten in Genf unterzeichnet werden.

In dem Dokument sind allgemeine Grundsätze für Syriens Zukunft beschrieben:
Das Land bleibt als souveräner und unabhängiger Staat in seinen international anerkannten Grenzen Heimat für seine Bürger.
Syrien bleibt als Gründungs- und aktives Mitglied der Vereinten Nationen ihrer Charta verpflichtet und bleibt Mitglied der Bewegung der Blockfreien.
Das Land wird als „demokratische parlamentarische Republik“ beschrieben. Grundlage seien die bürgerlichen Freiheiten, insbesondere die Meinungs-und Glaubensfreiheit, aber auch die soziale Gerechtigkeit und die gleichen Rechte und Pflichten aller Bürger ohne Diskriminierung oder Bevorzugung. Der Staat soll Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit sowie den Schutz des Lebens sichern. Er ist verantwortlich, die Schwächsten in der Gesellschaft zu schützen und ihnen zu helfen.
Das Volk ist die „Quelle der Autorität und Souveränität“, welche durch die verfassungsmäßigen Institutionen ausgeübt werden.
Das staatliche System basiert auf dem Prinzip von Gewaltenteilung, Gleichgewicht und Kooperation.
Ein freies Wirtschaftssystem soll Eigeninitiative und privates Eigentum garantieren.
Alle Syrer haben die gleichen Rechte. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit soll für alle gelten, unabhängig von ihrer religiösen, sozialen oder regionalen Herkunft. Alle haben das Recht auf Bewegungsfreiheit und können überall in Syrien leben, arbeiten und studieren und dürfen das Land jederzeit verlassen.
Die Reform der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialordnung dient dem Ziel umfassender sozialer Gerechtigkeit für alle Bürger und ist auf Nachhaltigkeit orientiert.

Umstritten ist dem Beitrag zufolge noch Aufgabe und Zusammensetzung des Senats, der für den Übergangsprozess die Staatsgeschäfte leiten soll. Ihm sollen 140 Personen aus den an den Verhandlungen beteiligten Gruppen angehören, die von einem zu wählenden Nationalrat ernannt werden. Die Wahl des Rates soll  unter UN-Aufsicht erfolgen. Jeweils 38 Mitglieder sollen Regierung, Opposition und religiöse Gruppen stellen. Den Vorsitz des Senats soll der Vizepräsident übernehmen, dessen Stimme nur bei Stimmengleichheit entscheidet. Der Senat soll oberste gesetzgebende Behörde sein sowie Staat und Politik kontrollieren. Die verschiedenen sozialen Gruppen sollen in ihm vertreten sein, darunter auch die Exilsyrer.

Wenn die Vereinbarung unterzeichnet wird, soll sofort ein 30-tägiger Waffenstillstand in Kraft treten und sich alle bewaffneten Kräfte auf zivilen Gebieten zurückziehen. Gleichzeitig sollen alle Inhaftierten, die nicht an den Kämpfen beteiligt waren sofort freigelassen werden. Die UNO solle alle Wahlen beaufsichtigen, die 30 Tage nach Unterzeichnung des Planes stattfinden sollen. In dem Dokument heiß es auch, dass Syrien nicht regional, religiös oder ethnisch gespalten werden darf. Der Nationalrat habe die Aufgabe, den Krieg zu beenden, die sozialen und anderen Folgen zu beseitigen und für eine nationale Aussöhnung zu wirken sowie eine Amnestie vorzubereiten und für Gerechtigkeit und den Aufbau der syrischen Zivilgesellschaft zu sorgen. (Etwaige Übersetzungsfehler bitte ich zu entschuldigen. Notwendige Korrekturen sind willkommen.)

Ich kann diese Nachricht nur begrüßen. Sorgen macht mir aber dass der Friedensplan laut der obenzitierten Meldung einen „Haken“ haben soll: Er lasse offen, was mit Präsident Bashar al-Assad geschehen solle, "der einen Rücktritt bis heute ablehnt." Es überrascht mich nicht, dass westliche Journalisten statt der Friedenschance diesen "Haken" sehen. Aber das haben ja die führenden westlichen Kriegstreiber und ihre arabischen Verbündeten samt der von ihnen bevorzugten und geförderten "Opposition" und der "Rebellen", darunter die Dschihadisten, so oft verkündet, dass ihr einziges Ziel ist, Assad zu stürzen. Dafür zerstören sie Syrien und deshalb, befürchte ich, hat auch dieser Friedensplan leider schlechte Karten ... Ich hoffe auf das Gegenteil.

Welche Reaktionen aus dem Westen auf den Friedensplan zu erwarten sind, zeigen die ersten Äußerungen des neuen US-Außenminister John Kerry. Er will laut einem Bericht der Online-Ausgabe der Welt vom 14. Februar 2013 den syrischen Präsidenten Assad mit einer neuen diplomatischen Offensive zu einem Rücktritt bewegen. "Ich glaube, es gibt noch weitere Dinge, die wir tun können, um seine derzeitige Wahrnehmung der Situation zu ändern", wird Kerry nach einem Treffen mit dem jordanischen Außenminister Nasser Dschudeh zitiert. Der der frühere regelmäßige Gast von Assad habe "nicht die Absicht, Damaskus zu besuchen, geschweige denn die syrische Metropole zur ersten Station im Programm seiner Auslandsreisen zu machen“, so State Department-Sprecherin Viktoria Nuland am selben Tag. Ihr zufolge wollen die USA ihren Druck auf Assad fortsetzen und die Opposition weiter unterstützen. Ziel sei eine friedliche Übergabe der Macht.

aktualisiert: 21.37 Uhr

Das zynische Spiel mit den Opferzahlen

Syrien: Laut UNO ist die Zahl der Toten durch den Krieg auf fast 70.000 gestiegen. Das wird genutzt, um ein direktes Eingreifen zu fordern, auch wenn die Zahlen unsicher sind.

"Nur die Flüchtlinge und die Toten dieses Krieges in und gegen Syrien scheinen nützlich zu sein. Sie dienen als Propagandamunition gegen Assad, der für all das verantwortlich gemacht wird." Das habe ich am 11. Februar 2013 geschrieben. Einen Tag später kam die traurige Bestätigung: "Fast zwei Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen nahezu 70.000 Menschen ums Leben gekommen", meldete der Schweizer Tages-Anzeiger am 12. Februar 2013. Der Zeitung zufolge ist für die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, klar, wer Schuld an den Opfern und ihrer hohen Zahl hat. "Sie rief den Sicherheitsrat erneut dazu auf, die syrische Regierung vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen." Ähnlich ist es auch von den bundesdeutschen Mainstreammedien wiedergegeben worden, was nicht überraschend ist. Pillay beklagte den Meldungen nach die Untätigkeit des UN-Sicherheitsrates, was eher wie eine Aufforderung klang, endlich direkt in Syrien einzugreifen anstatt alle Möglichkeiten für eine friedliche Lösung zu nutzen.

Einige Tage zuvor hatte Joachim Guilliard in der jungen Welt vom 6. Februar 2013 vor einem "frisierten Body Count" gewarnt.  Da die oben erwähnten und ähnliche Meldungen fast überall zu lesen, zu hören und zu sehen sind, Zweifel daran aber kaum, zitiere ich etwas ausführlicher aus Guilliards Beitrag. Er schrieb von einem "zynischen Spiel", bei dem die Bestimmung der Opferzahlen im syrischen Bürgerkrieg als Interventionspropaganda des Westens diene. Guilliard gehört zu den Autoren des des IPPNW-Reports "Body Count - Opferzahlen nach zehn Jahren Krieg gegen den Terror". "Verläßliche Untersuchungen über die Zahl der infolge des Aufstands getöteten Menschen gibt es im syrischen Falle so wenig wie in den meisten anderen blutigen Konflikten", stellt er in dem Zeitungsbeitrag fest. Selbst die von der UNO gemeldeten Zahlen würden "bei näherem Hinsehen größtenteils nur auf Propaganda" basieren. "Ziel der meisten Veröffentlichungen von Opferzahlen ist auch nicht die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Leid der Syrer und die Notwendigkeit, die von außen geschürte Eskalation zu stoppen. Indem stets der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei den gemeldeten Toten um unbewaffnete Zivilisten, die vorwiegend der Regierungsgewalt zum Opfer fielen, dienen die Opferzahlen vor allem dem Zweck, die Forderung nach einem Umsturz zu unterfüttern und der Forderung nach einer massiveren Intervention Nachdruck zu verleihen."

Guilliard meldet Zweifel an den Ergebnissen einer im Auftrag des UN-Kommissariats für Menschenrechte durchgeführten Untersuchung zu den Opfern in Syrien an. Dagegen würden beispielsweise systematische Studien zu den Kriegsopfern in Afghanistan beispielsweise ebenso fehlen wie zu denen in Somalia und zum US-"Krieg gegen den Terror" in Pakistan und Jemen. "Wie viele Menschen in Libyen dem vom UN-Sicherheitsrat legitimierten Krieg »zum Schutz der Zivilbevölkerung« zum Opfer fielen, wollte die UNO bisher ebenfalls nicht genau wissen." Im Irak seien UN-Organisationen erst nach den Ergebnissen zweier unabhängiger Studien über die Anzahl der durch Krieg und Besatzung getöteten Iraker aktiv geworden. Die ermittelten Zahlen seien "für die Besatzer absolut unverdaulich" gewesen, was zu einem "erbitterten Streit über das wahre Ausmaß des Blutzolls, den die verbrecherische Zerschlagung des Staates forderte", geführt habe.

UN-Kommissarin Pillay blende bei ihrer einseitigen Schuldzuweisung an die syrische Regierung "einmal mehr die frühe Gewalt bewaffneter Regierungsgegner aus, die von Beginn der Proteste an dafür sorgte, daß die Auseinandersetzungen rasch eskalierten und in einen bewaffneten Aufstand übergingen". Sie ignoriere "geflissentlich die Bewaffnung und sonstige Unterstützung der Aufständischen durch NATO-Mächte und Golfmonarchen, ohne die es den mörderischen Krieg nicht gäbe". Guilliard kritisiert den großzügigen Umgang mit den syrischen Opferzahlen. Die im Auftrag der UNO durchgeführte Untersuchung sei nicht wie beispielsweise die im Irak vor Ort durchgeführt und stattdessen seien die Angaben verschiedener Organisationen zusammengezählt worden. Diese beruhten "fast ausschließlich auf den Angaben oppositioneller Aktivisten", die selbst vom privaten US-amerikanische Nachrichtendienst Stratfor als zumeist "stark übertrieben oder schlicht unwahr" eingeschätzt würden. "Die Beobachtermission der Arabischen Liga kam zum selben Schluß, und auch der NATO-nahe Think Tank International Crisis Group berichtet über die Erfahrung, daß zahlreiche Berichte über Gewaltmaßnahmen der Regierung frei erfunden waren."

Aus den großen Zweifeln an der Datenbasis der neuen UNO-Schätzung über die syrischen Kriegsopfer folge "allerdings nicht zwangsläufig, daß sie überhöht ist", so Guilliard. Sie sei aber im Gegensatz zum "Iraq Body Count"-Projekt "nur wenig mehr als Spekulation". Nur eine repräsentative Untersuchung könne für Syrien eine verläßliche Schätzung liefern – "nicht nur über die Zahl der Todesfälle, sondern auch darüber, wer in welchem Maß dafür verantwortlich ist." Ein großer Teil der getöteten Zivilisten in Syrien gingen auf das Konto von Aufständischen und auf das der ethnisch-konfessionellen Gewalt, was die Zahl möglicher Opfer von Sicherheitskräften sehr relativiere. "Betrachtet man zudem die relativ hohen Verluste der Regierungskräfte und vergleicht sie mit denen der britischen und US-amerikanischen Truppen im Irak oder die der NATO in Afghanistan, so scheinen die Versicherungen der syrischen Armee, sie würde mit großer Rücksicht gegenüber der Zivilbevölkerung vorgehen, keineswegs substanzlos. Zumindest scheint sie wesentlich mehr Rücksicht zu nehmen als die Besatzer im Zweistromland und am Hindukusch."

Das Vorgehen des UN-Kommissariats für Menschenrechte und seiner Chefin Pillay zeige einmal mehr, daß im Westen mit zweierlei Maß gemessen wird, stellt Guilliard fest. "Im Falle Libyens endeten die Meldungen über die Zahl der Opfer schlagartig mit den ersten NATO-Bomben, die auf das Land niedergingen. In Syrien beobachten wir nun seit fast zwei Jahren dasselbe zynische, interessengeleitete Spiel mit Opferzahlen, wie es mit wechselndem Vorzeichen überall dort gespielt wird, wo der Westen direkt oder indirekt involviert ist." Die UNO unternehme in den Fällen, wo westliche Staaten verantwortlich gemacht werden könnten, keine Anstrengungen, dem Herunterspielen der Opferzahlen etwas entgegensetzen. Dagegen gebe es Interesse an hohen Opferzahlen in Syrien – bis der Wunsch nach einem direkten Eingreifen erfüllt wird.

Dienstag, 12. Februar 2013

Die Macht des Kim Jong No

Nordkorea hat den Meldungen zufolge einen Atomsprengkopf getestet. Erwartungsgemäß wird hysterisch darauf reagiert.
Kim Jong Un, Nordkoreas Staatschef, hat es mal wieder der Welt gezeigt und spielt den "Dr. No". Er kann sich ja umbenennen lassen in Kim Jong No, so treu wie er der Rolle bleibt, die Nordkorea zugedacht ist: Ein Schurkenstaat mit einem Schurken an der Spitze. Und erwartungsgemäß fühlen sich die USA bedroht von diesem Test.
Ja, jede Atomwaffe ist eine zuviel und eine atomwaffenfreie Welt wäre eine bessere. Eine solche hatte ja auch der Kriegsnobelpreisträger und Drohnenpräsident Barack Obama sich gewünscht und versprochen. Doch was ist seit der Ankündigung dazu im April 2009 in Prag geschehen? Nichts. Die angekündigte Reduzierung der US-Atomwaffen war tatsächlich nur eine Modernisierung. Klar, weniger, aber wirkungsvollerere Sprengköpfe sind effizienter als mehr, dafür aber ungenauere Sprengköpfe. Wenn das Wort effizient in diesem Zusammenhang überhaupt angebracht ist. Jedenfalls, die USA sind noch immer stärkste Atomwaffenmacht, gefolgt von einigen anderen Ländern.
Wer will es da anderen Ländern, die noch nicht zur Liga der Atomwaffenmächte gehören, verdenken, wenn sie dazu gehören wollen. Schon allein, weil sie u.a. umringt sind von Stützpunkten, auf denen US-Atomwaffen lagern oder von denen aus diese Atomwaffen eingesetzt werden können. Wer wundert sich wirklich darüber, wenn eine Führung wie die nordkoreanische, die sehr wohl weiß, dass ihr Land immer noch als "Schurkenstaat" zählt, selbst versucht, ein atomares Drohpotenzial aufzubauen. Nicht um die USA oder die anderen Hüter von Freiheit und Demokratie tatsächlich anzugreifen, sondern um diese Länder von einem Angriff abzuhalten. Sicher hat der junge Kim mitbekommen, wie der Westen mit Ländern umgeht, die als widerspenstig und "Schurkenstaaten" gelten. Allein seit dem Jahrtausendwechsel bekam er ausreichend Anschauungsunterricht.
Natürlich ist das alles nicht vernünftig und nicht gut. Mit dem eigenen und dem Untergang des Angreifers zu drohen, ist nicht die wirklich gute Lösung. Aber angesichts des Gangs der Dinge in der Welt erscheint sie fast wie eine realistische oder zumindet logische Lösung, solange die USA voran weiter diese perverse Logik zum Maßstab der internationalen Politik machen.
Es gibt keine Garantie dafür, was Kim Jong No machen wird, wenn die USA tatsächlich alle Atomwaffen in der Nähe Nordkoreas abziehen und wenn Obama den symbolischen Knopf für den Beginn der Verschrottung aller US-Atomwaffen drückt. Aber erst dann kann der große Führer des Westens, schauspielhaft inauguriert, dass Kim Jong No sicher neidisch war, hinstellen und andere Staatschefs wie den nordkoreanischen, wie auch immer er einzuschätzen ist, auffordern, mit dem atomaren Wahnsinn aufzuhören. Dieser muss schleunigst aufhören und davon darf niemand ausgeschlossen werden. Solange das nicht geschieht ist der politische und mediale Rummel um den nordkoreanischen Atomtest nur ein verlogenens Schauspiel wie vieles in dieser weiten Welt.
Ja, und was wäre der Westen mitt all seiner Rüstungsindustrie, seinen hochgerüsteten Armeen und präzisen Bomben ohne solche Schurken wie Kim Jong Un, Bashar al-Assad, Muammar al-Gaddafi, Saddam Hussein ... Ob die vielleicht für diese Rolle bezahlt werden und wurden?
Nachtrag vom 13.2.2013: Abschließend sei auf den Beitrag von Lutz Herden auf freitag.de zum Thema verwiesen: "Kim ist kein Selbstmörder"

Syrien: Dem Frieden (k)eine Chance?

Es gibt vermehrt Versuche, durch Dialog den Krieg in und gegen Syrien zu beenden. Es bleibt abzuwarten, ob alle Seiten das auch so wollen. Leider sind Zweifel angebracht.
In Syrien drohe der nächste Völkermord, schreibt das österreichische Magazin profil. Dieses Mal wird das aber nicht der syrischen Regierung und Präsident Bashar al-Assad unterstellt, sondern jenen, die ihn um jeden Preis stürzen wollen. Weil das die syrische Regierung verhindern will und dabei auch das Militär einsetzt, stellt laut profil US-Diplomat Peter Galbraith fest: "Es besteht durchaus die Gefahr eines Genozids an den Alawiten." Ähnlich schätze die Lage auch der Oppositionelle Abu Fares ein: "Es herrscht ein immenser Rachedurst. Viele verabscheuen die Alawiten und wollen mit ihnen nicht mehr in einem Land zusammenleben." Gegen die Alawiten, zu denen Assad gehört, wird Stimmung gemacht. Sie müssen als Sündenbock herhalten. Ihren Vertretern auf Regierungsseite werden schlimmste Verbrechen unterstellt. Unlängst hatte erst der Chef der "Nationalen Koalition" Ahmed Moas al-Chatib, sein vermeintliches Dialogangebot mit drastischen Vorwürfen gewürzt: Die Regierung von Staatschef Bashar al-Assad lasse gezielt Frauen vergewaltigen und foltere Kinder, selbst Fünfjährige würden zu Tode gequält, behauptete Chatib im München. Inzwischen erklärte der "Oppositionschef" von westlichen Gnaden, die syrische Regierung habe sein vermeintliches Dialogangebot abgelehnt. Das schließt er daraus, dass die syrischen Behörden Verhandlungen zustimmten, aber ohne jegliche Vorbedingungen, von denen Chatib eine ganze Reihe stellte. Die Frage ist, wollte er wirklich einen Dialog mit dem Ziel Frieden oder wollte er nur einen Vorwand, um sagen zu können: "Damit hat das Regime eine seltene Gelegenheit verpasst und eine sehr negative Botschaft nach innen und nach aussen gesandt." Nein, das kündet auf keinen Fall von einer Bereitschaft, dem kriegsgeschundenen Land und den Menschen in Syrien endlich Frieden zu gönnen.
Dabei gäbe es eine Chance auf Frieden, wenn der politische Dialog wirklich gewollt wäre. Es müsste darum gehen, "das Blutvergießen zu stoppen, einen Waffenstillstand zu befördern und dann einen Dialog mit ausnahmslos allen am Konflikt beteiligten Seiten auf dem Weg zu bringen", schreibt die Nahost-Wissenschaftlerin Karin Kulow in der Zeitschrift WeltTrends, Heft 87 (November/Dezember 2012). Sie nennt als Ziel, "ein tragfähiges, realistisches Programm für das zukünftige Syrien". Es gibt Kräfte innerhalb des Landes, die sich für eine solche Lösung einsetzen und nicht wie die vom Westen unterstützten "Rebellen" und die von Chatib geführte Koalition alles dem Sturz Assads unterordnen. Claudia Haydt von der Informationstelle Militarisierung (IMI) aus Tübingen berichtet auf der IMI-Website von einer Konferenz dieser von den westlichen Mainstreammedien nur wenig beachteteten Oppostionellen in Genf im Januar dieses Jahres. Dort sagte Haytham Manna, Auslandssprecher des „Koordinationskomitee für demokratischen Wandel in Syrien" (NCB), dass der brutale Bürgerkrieg den sozialen Zusammenhalt in Syrien dauerhaft zerstört und dass das Ziel, Assad zu beseitigen, nicht jedes Mittel rechtfertige.  Er warnte vor den Folgen:  “Es gibt keinen einzigen Fall eines militärischen Sieges in einer vergleichbaren Situation, der nicht die Saat des Extremismus, der Vernichtung und der Rache in sich trug. Wir haben vor den Folgewirkungen der Gewalt auf den sozialen Zusammenhalt, den sozialen Frieden und die Einheit Syriens gewarnt und werden dies auch weiterhin tun.” Um die Zukunft Syriens wieder in die Hand der syrischen Bevölkerung legen zu können, sei auf der Konferenz ein Aktionsplan für die Einleitung eines politischen Prozesses besprochen und ein politischer Rahmen für Gespräche mit der Assad-Regierung geschaffen worden, berichtet IMI. Die so genannte „Genfer-Erklärung“ fordere unter anderem einen gleichzeitigen Waffenstillstand von Regierung und Opposition und die „Einleitung  eines politischen Prozesses durch Verhandlungen zwischen der Opposition und dem Regime“.
Doch die Antimilitaristen aus Tübingen schätzen die Chancen dieses Dialoangebotes als nicht übermäßig ein. "Wesentliche externe Kräfte, namentlich die US-Administration, Frankreich und die Golfstaaten, gehen zwischenzeitlich auch von der schlussendlichen Notwendigkeit von Verhandlungen aus, allerdings erst nachdem zuvor durch massive militärische Unterstützung der Opposition, deren Verhandlungsposition gestärkt wurde." Das habe sich auch auf dem zeitgleich zur Genfer Oppositionskonferenz in Paris abgehaltenen Treffen von syrischen "Oppositionellen" von westlichen Gnaden gezeigt. "Die Weltpresse bot der in Paris geäußerten Forderung von Oppositionsvertretern nach besserer Bewaffnung und mehr westlicher Unterstützung eine breite Plattform. Die Europäische Union erwägt in Folge dessen eine Lockerung des Waffenembargos gegen Syrien, um die Opposition noch besser ausrüsten zu können"
Die Aussichten für Syrien seien 2013 düster, ist die Schlussfolgerung von Joachim Guilliard in einem Text über die drohende erneute Eskalation des Krieges in dem und gegen dieses Land. Die vom Westen unterstützten "Rebellen" seien ihrem Ziel, Assad zu stürzen, nicht näher gekommen – "zumindest nicht ohne direkte Militärintervention von außen". Dies sehen die Strategen der Nato offenbar genauso, stellt Guilliard fest und verweist auf meldungen, wonach mehrere Nato-Staaten ein militärisches Eingreifen in Syrien vorantreiben. Die USA, Großbritannien und die Türkei hätten "ihre Pläne schon längst fertig und suchen nur noch die Unterstützung ihrer Partner". Weit gediehen seien die Pläne für die Einrichtung von „Schutzzonen“ und „sicheren Häfen“, d.h. die Eroberung und Sicherung von syrischem Territorium unter dem Vorwand, Zufluchtsorte für Flüchtlinge zu schaffen. Das Pentagon und das britische Verteidigungsministerium haben schon im Frühjahr detaillierte Pläne dazu ausgearbeitet, so Guilliard. Dazu passen auch die Meldungen über israelische Pläne für eine Pufferzone in Syrien sowie über entsprechende türkische Pläne. Guilliard bringt weitere Belege für die westlichen Aktivitäten gegen Syrien und stellt fest: "Angesichts dessen haben die erneuten Bemühungen Russlands und des UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi um eine politische Lösung keine Chance."
Das bestätigt FAZ-Korrespondet Markus Bickel in einem Beitrag für die Zeitschrift Internationale Politik (Heft 1/2013, Januar/Februar). Für ihn geht es bei der Stationierung von Patriot-Flugabwehrreakten der NATO in der Türkei eindeutig um die Schaffung einer "Flugverbotszone" im Norden Syriens. Die Rakten würden "ein Jahr zu spät" stationiert, bedauert der mediale Kriegstreiber. Die Behauptung von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, mit den Raketen würde nur die Türkei verteidigt, bezeichnet Bickel als realitätsfremd. Er wirft dem Westen vor, mit seinem "Zögern", direkt militärisch einzugreifen, die "Rebellen" in Syrien im Stich gelassen zu haben und lobt Saudi-Arabien und Katar für deren Waffenlieferungen. Und fügt hinzu: "Doch nur mit Luftabwehrraketen und panzerbrechenden Geschossen ... wird sich das Regime Assads ... kaum beseitigen lassen."
Kriegshetzer wie den FAZ-Schreiber Bickel kümmern die Sorgen der Teilnehmer an der Genfer Oppositionskonferenz nicht. Die Konferenzteilnehmer befürchten dem IMI-Bericht zufolge, dass noch mehr Waffen zu weiterer Eskalation führen würden. "Alle sprachen sich gegen eine militärische Intervention aus und machten zudem klar, dass die internationalen Sanktionen vor allem die Bevölkerung treffen." Die syrischen Oppsoitionellen in Genf warnten auch vor einem Auseinanderbrechen Syriens. "Es gibt kein Syrien mehr, nur noch viele Mini-Syrien", so laut IMI-Autorin Haydt ein Teilnehmer, der sich und die Anwesenden fragte: "Woher kommt dieses Ausmaß der Gewalt, nicht nur zwischen Regierungstruppen und Opposition, sondern auch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen?"
US-Diplomat Galbraith belegt gegenüber dem österreichischen Magazin profil, dass eine Zerstückelung Syriens im Westen durchaus als möglich gesehen wird. Als Begründung dient die anfangs erwähnte Gefahr einer weiteren Ethnisierung des Konfliktes mit drohendem Völkermord an den Alawiten: „Eine Möglichkeit, Massaker zu verhindern, wären Verhandlungen über eine Übergangslösung und ein Arrangement, das den Alawiten weiterhin die Teilhabe an der Macht erlaubt. Man kann auch über eine Dezentralisierung Syriens nachdenken, die sich an der Zeit der französischen Mandatshoheit orientiert: Damals gab es bereits einen Alawiten-Staat an der Küste. Das ist ja etwas, das auch die Kurden im Nordosten wollen.“ Kein Wort über Frieden für Syrien als einheitlichem säkularem Staat, stattdessen Vorbereitung auf einen weiteren "failed state", dessen innere Probleme genutzt wurden und werden, um ihn von außen gesteuert und befördert zu zerstören. Eines der Beispiele, was für Syrien vorgesehen ist, liefert der Irak. Die Interessen der Menschen in Syrien spielen dabei keine Rolle. Nur die Flüchtlinge und die Toten dieses Krieges in und gegen Syrien scheinen nützlich zu sein. Sie dienen als Propagandamunition gegen Assad, der für all das verantwortlich gemacht wird. Was das Leben der Menschen den Kriegstreibern und Regimewechslern der führenden westlichen Staaten und ihrer arabischen Verbündeten wert ist, auch dafür gibt der Irak das Beispiel: Das Wirtschaftsembargo vor dem zweiten Krieg der USA gegen das Land hatte über einer Millionen Irakern – unter ihnen ca. 500.000 Kinder – das Leben gekostet. Die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright kommentierte das so: "Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber der Preis – wir glauben, es ist den Preis wert."

Mittwoch, 6. Februar 2013

Syrien: Afghanistan reloaded

Eine befürchtete "Afghanisierung" des syrischen Konfliktes scheint längst Realität, wie Berichte über die Einmischung anderer Staaten zeigen.
Wenn Syriens Präsident Bashar al-Assad auf die ausländische Einmischung in sein Land hinweist, wird das meist als Verschwörungstheorie oder -angst abgetan. Belege dafür werden ignoriert. Dabei ist längst offensichtlich, dass es sich um einen von außen geförderten und zum Teil gesteuerten Krieg in und gegen Syrien handelt. Nachweise dafür gibt es eine ganze Reihe, auf die schon mehrmals hingewiesen wurde, u.a. auch frühzeitig von Joachim Guilliard. Inzwischen gibt es weitere Belege dafür, dass der Westen und seine arabischen Verbündeten aktiv in Syrien mitmischen und kämpfen lassen. Dabei mehren sich die Anzeichen, dass eine befürchtete „Afghanisierung“ des Krieges in Syrien längst stattfindet.
Scott Stewart vom privaten Nachrichtendienst Stratfor schrieb in einem am 31. Januar 2013 veröffentlichten Beitrag von einer "ausländischen Intervention in Syrien". Ihn beschäftigen die Folgen derselben. Im Gegensatz zu Libyen und Mali habe der Westen mit seinen arabischen Partnern diesmal den "Mittelweg" einer indirekten Intervention gewählt. "Seit mehr als einem Jahr unterstützen Länder wie die Vereinigten Staaten, die Türkei, Saudi-Arabien, Katar und europäische Staaten die syrischen Rebellen." Das reiche von humanitärer Hilfe wie Unterkunft, Nahrung und medizinische Versorgung für Flüchtlinge bis zu "nichttödlicher" militärischer Ausrüstung wie Radios oder Schutzwesten. Doch zeige eine Analyse der in Syrien von den "Rebellen" eingesetzten Waffen, dass zunehmend auch solche geliefert werden, stellt Stewart fest und verweist auf Videos in denen Waffen zu sehen sind, die nicht aus erbeuteten Arsenalen der syrischen Armee stammen. Dazu gehörten Waffen, die aus Kroatien kommen, österreichische Gewehre sowie schweizerische Handgranaten, finanziert von arabischen Staaten. Die Vielfalt und die Konzentration dieser Waffen belege, dass es sich nicht um einen Zufall handele.
Für den Stratfor-Analysten hat die äußere Einmischung in Syrien das Niveau der Unterstützung für die afghanischen Mudschaheddin gegen die sowjetische Armee erreicht. Es werde nicht nur mit Ausbildung, Geheimdiensterkenntnissen und Unterstützung geholfen, sondern auch mit Waffen, deren Herkunft offensichtlich ist. "Es ist auch interessant, dass in Syrien wie in Afghanistan zwei der wichtigsten äusseren Unterstützer Washington und Riad sind", die diesmal mit regionalen Mächte wie der Türkei, Jordanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zusammenarbeiten. Ähnlich wie in Afghanistan würden in Syrien jene Gruppen mit Geld und Waffen unterstützt, die "am erfolgreichsten auf dem Schlachtfeld" seien. Wie am Hindukusch seien das Dschihad-orientierte Gruppen wie Jabhat al-Nusra, die von den Saudis, aus Katar und den Emiraten Hilfe erhielten. Es handele sich dadurch und infolge der Radikalisierung durch die Dauer des Krieges inzwischen um "eine Kraft, mit der in der Zukunft zu rechnen sein wird".
Saudi-Arabien nutze es, wenn die Dschihadisten in Syrien, darunter Gruppen, die wie die Jabhat al-Nusra im Irak gegen die USA-Truppen kämpften, unterstützt werden. Mit ihrer Hilfe soll der iranische Einfluss in der Region gebrochen werden und ein sunnitisches Regime in Syrien errichtet werden, so Stewart. Zugleich zeige das saudische Königshaus damit, dass interne Kritik, es sei zu weltlich und westlich, falsch sei und dass es Muslimen beim Kampf helfe. Zugleich nutzen die Saudis aus Sicht des Stratfor-Analysten die Möglichkeit, ihre eigenen Radikalen bzw. Extremisten nach Syrien zu schicken, "wo sie kämpfen und möglicherweise sterben". "Angesichts einer großen Zahl von Arbeitslosen, unterbeschäftigten und radikalisierten jungen Männern bietet der Dschihad in Syrien ein Druckventil ähnlich wie bei den letzten Kämpfen im Irak, Tschetschenien, Bosnien und Afghanistan." Die Saudis rekrutierten aber nicht nur "ihre eigene unruhige Jugend", sondern sorgen nach Stratfor-Informationen auch dafür, Nachwuchs aus dem Jemen in Trainingslagern in der Türkei auszubilden und dann nach Syrien in den Kampf zu schicken.  Die jungen Jemeniten erhielten freie Fahrt und ein Stipendium für ihren "Dienst", wenn sie überleben.
Stewart warnt vor den Folgen des „taktischen Darwinismus“ der Saudis. Die Überlebenden bildeten einen militanten Kern, mit denen es die Saudis zu Hause zu tun haben werden. Die „Dschihad-Proxies“ bedrohten ebenso die Stabilität Syriens nach dem Krieg wie einst die Mudschaheddin in Afghanistan nach dem Rückzug der Sowjets und dem Sturz des Nadschibullah-Regimes 1992. Ein anderes Beispiel sei Libyen, wo die Dschihadisten nicht nur eine innere Gefahr seien, sondern auch ausländische Interessen bedrohten und ein regionales Problem darstellten, wie die Ereignisse in Mali und Algerien zeigten. „Ähnliche langfristige und weitreichende Auswirkungen sind in Folge der Intervention in Syrien zu erwarten“, meint Stewart.
Auf der englischen Seite der russischen Prawda war am 6. Februar 2013 zu lesen, der saudische Botschafter in Jordanien, Fahad bin Abdul Mohsen al-Zaid, habe in einem Interview mit der Zeitung Al-Hayat bestätigt, dass Saudis in Syrien gegen Assad kämpfen. Soweit ich das überprüfen konnte, hat der Diplomat das nicht gegenüber der Zeitung gesagt. Er erwähnte nur, dass derzeit noch 2.500 Saudis in Syrien leben und eine geringe Zahl von ihnen inhaftiert seien. (Quelle: Al-Hayat, 3.2.2013) Es gibt aber seit Dezember 2012 Informationen darüber, dass Saudi-Arabien hunderte Kriminelle, die wegen Drogenschmuggel, Mord und Vergewaltigung zum Tode verurteilt waren, freiließ und nach Syrien schickte, damit sie sich dort den bewaffneten Terrorgruppen anschließen. Christof Lehmann schrieb auch darüber auf seiner Website nsnbc.
Über saudische Waffenlieferungen an die „Rebellen“ in Syrien gibt es seit längerem Berichte. Schon im März 2012 hatte selbst die Welt gemeldet, dass laut einem hochrangigen arabischen Diplomaten Saudi-Arabien  über Jordanien "Militärgüter" an die Freie Syrische Armee (FSA) liefere. Im Dezember 2012 berichtete die iranische Nachrichtenagentur FARS News, dass die Saudis über die Grenze zum Irak Waffen, Bomben und militärische Ausrüstung nach Syrien bringen.
Dass das saudische Königshaus aktiv mitmischt im Krieg gegen und in Syrien bestätigte Kronprinz und Kriegsminister Salman bin Abdul Aziz bei der Konferenz der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit (OIC) in Kairo am 6. Februar 2013. Im Auftrag von König Abdullah forderte er von der „internationalen Gemeinschaft“ und dem UN-Sicherheitsrat für einen Regimewechsel in Syrien zu sorgen, „mit allen möglichen Mitteln“. Welche neben den bisher eingesetzten dazu gehören sollen, beschrieb Prinz Turki al Faisal Al Saud gegenüber der FAZ im Januar 2013: „Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrwaffen und Waffen gegen Artillerie“. Dieser saudische Prinz, für den die Dschihadisten in Syrien die "guten Jungs" sind, war übrigens 1977 bis 2001 Chef des wichtigsten saudischen Auslandsgeheimdienstes, der maßgeblich an der Bewaffnung der afghanischen Mudschaheddin gegen die Sowjetunion beteiligt war.
All das Beschriebene läuft nicht ohne Unterstützung der führenden westlichen Staaten, insbesondere der USA. Darauf wurde ebenfalls schon mehrfach hingewiesen. „Die saudische Politik in Bezug auf Syrien wird eng mit den Vereinigten Staaten koordiniert“, stellte u.a. die israelische Zeitung Haaretz im Juli 2012 in einem Bericht über den „CIA-Favoriten“ Prinz Bandar bin Sultan fest, der die Grundlage für ein Syrien nach Assad gelegt habe. Beide Länder verfolgten wie Israel damit das Ziel, den Iran von seiner „wichtigsten arabischen Basis“ trennen und die Waffenlieferungen an die Hisbollah einzudämmen.
Übrigens hatte Präsident Assad schon im Oktober 2011 in einem Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph gewarnt: "Wollt ihr noch ein Afghanistan – wollt ihr noch zehn Afghanistans?" Seine damalige Warnung vor den Folgen einer Intervention wurde ihm erwartungsgemäß als Drohung ausgelegt.
David Ignatius wies am 5. September 2012 in der Washington Post ebenfalls auf die "schaurigen Parallelen" zwischen Afghanistan in den 80ern und Syrien heute und bestätigte, wie sich der Westen heute wieder einmischt. Natürlich ist er dafür, die "Rebellen" zu unterstützen, warnte aber zumindest ebenfalls vor den Folgen. Die Wiener Zeitung hatte den Text am 6. September 2012 auf deutsch veröffentlicht.
Geschichte wiederholt sich ... oder wird wiederholt, zum Teil von den gleichen Akteuren.

Hier geht's zum Stratfor-Beitrag "The Consequences of Intervening in Syria"

Der Text wurde am 7.2.13 aktualisiert

Nachtrag: "Das Pentagon hat laut US-Generalstabschef Martin Dempsey den 2012 ausgearbeiteten CIA-Plan zur Bewaffnung der syrischen Opposition über die US-Verbündeten in der Region gebilligt." (RIA Novosti, 8.2.13)