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Freitag, 25. Januar 2013

Soros bestätigt: Die Krise ist gewollt

Der Finanzspekulant George Soros hat in Davos gesagt, dass jene die Krise aufrecht erhalten, die davon profitieren. Dabei sieht er die Bundesrepublik an erster Stelle.
In meinem Text "Wenn die Demokratie dem Profit im Wege steht" habe ich u.a. geschrieben, "dass das, was wir als 'Finanzkrise' erleben und in seinen Folgen erleiden, nur zum Teil Folge des Handelns anscheinend Blinder ist, wie Žižek meint, sondern Ergebnis ganz bewußten Handelns und Inkaufnehmens der Folgen für die Gesellschaft". Entsprechend habe ich gewissermaßen elektrisiert reagiert, als ich heute direkt aus Davos erfuhr, dass Finanzspekulant Soros beim dortigen World Economic Forum (WEF) gesagt haben soll, dass er den Eindruck habe, dass die Finanzkrise gezielt aufrecht erhalten wird, um Staaten wie Griechenland auf Dritteweltniveau zu drücken und so die Gewinne der Krisennutznießer wie der Bundesrepublik zu sichern, ebenso deren Vorherrschaft in Europa.
Es hat etwas gedauert, ehe ich eine Bestätigung für diese Information fand. Deutschsprachige Medien meldeten hauptsächlich nur, Soros habe vor einem Währungskrieg gewarnt. Immerhin schrieb das Handelsblatt, Soros halte die deutsche Sparpolitik für gefährlich, weil diese zu einem internationalen Abwertungswettlauf führe. Die Meldungen berufen sich auf ein Gespräch des Spekulanten mit dem US-Sender CNBC am 24. Januar 2013. Auf der Website des Senders ist mehr von dem zu lesen, was Soros sagte, auch der Hinweis auf die bewußt aufrechterhaltene, weil nützliche Krise. Durch diese sei ein Zwei-Klassen-System innerhalb der Euro-Zone, zwischen den Gläubigern und Schuldnern, entstanden. Und die Gläubiger seien dafür verantwortlich: "Es ist im Grunde Deutschland". Die fortgesetzte Sparpolitik, die von der Bundesregierung betrieben und durchgesetzt werde, sei kontraproduktiv, so Soros. Das sei die "Verewigung der Finanzkrise". Bundeskanzlerin Angela Merkel folge einer "falschen Politik", wenn sie mit weiterem Sparkurs auf die Folgen der eigenen Austeritätspolitik reagiere. Das zwinge die betroffenen Länder zu weiteren Kürzungen, welche deren Wirtschaft weiter schrumpfen ließen. Damit werde das Auseinanderdriften zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern festgeschrieben. Letztere blieben gleichzeitig abhängig, weil sie die Kredite zurückzahlen müssen. Soros meint, dass die nächsten zwei Jahre schwierig, "sehr heikel" werden können. "Wenn die Europäische Union das überlebt, dann hält sie lange. Aber nicht für immer. Weil ich nicht denke, dass Europa politisch mit einer Situation leben kann, wo es ein Zentrum gibt (nämlich Deutschland) und die Länder wie Italien und Spanien zu fortwährender Minderwertigkeit verurteilt werden."Der Spekulant, der schon die Bank of England und ganze Staaten in die Knie zwang, sieht als "größte Gefahr", dass es zu einem Währungskrieg kommt. "Weil der Rest der Welt einem anderem Rezept als dem der Deutschen folgt." Die Deutschen glaubten an die strenge Sparpolitik, während die anderen Länder an expansive Geldpolitik als Mittel gegen die Krise glaubten, Geld auf die Märkte brächten, um so eine Depression zu vermeiden. Dass Merkel bei all dem nur eine Ausführende ist, auch das hat Soros in Davos bestätigt: "Sie sei 'eine brillante Politikerin', aber sie habe nicht wirklich eine Meinung, fügt er dann an und lächelt ein wenig."

Ich bin sicher kein Freund oder gar Fan des Milliardenspekulanten, der auch schon manchen Versuch eines Regimechange in Ländern wie Serbien, Georgien, auch in Russland und anderswo über seine Stiftung mitfinanziert hat und mitfinanziert. Aber ich halte seine Äußerungen für bedenkenswert, eben wenn es um die Frage geht, um was es sich bei dem handelt, was uns von der herrschenden Politik und den ihr dienenden Mainstream-Medien als "Krise", auf die nicht anders reagiert werden könne als mit einem strikten Sparkurs, dargestellt wird. Aus meiner Sicht bestätigt Soros, der ja weiß, wie sowas funktioniert, was ich schon an anderer Stelle zum Thema schrieb und worauf ich hinwies, siehe u.a. "Wzbw: Der Euro als deutsches Projekt", "Gegen die Diktatur der Finanzmärkte" und "Drei Fragen". Dazu passt auch, worauf ich mit "Europas Mauer und der ökonomische Putsch" und mit einem "Fundstück" aufmerksam machte. Es geht mir dabei nicht um Eigenlob oder so etwas, sondern um die Bestätigung der Argumente und Fakten.
Passendes war am heutigen 25. Januar 2013 auch bei den NachDenkSeiten zu lesen. Jens Berger schrieb zu "Merkels Agenda des Schreckens": "Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos redete die Kanzlerin endlich einmal Klartext und stellte die Grundzüge ihrer Agenda für Europa vor. Die Kanzlerin hat nichts, aber auch gar nichts, verstanden und will nun die Gunst der Stunde nutzen, um Europa bereits in diesem Jahr von Grund auf umzukrempeln. Durch die Blume gab sie dabei auch zu, dass ihr die Eurokrise keineswegs ungelegen kommt, um ganz Europa einer neoliberalen Agenda zu unterwerfen." Berger unterzieht sich der Mühe, Merkels Rede zu analysieren. Sein Fazit: Um ihre Ziele umzusetzen, spiele die Bundeskanzlerin "Hand in Hand mit der Europäischen Kommission". "Wer soll sich da denn noch wundern, wenn die Europäer europamüde werden? Ein Europa, das nur dazu dient, die Demokratie, Souveränität und Mitbestimmung der Europäer auszuhebeln, hat keine Zukunft und auch keine Daseinsberechtigung. Wollen die Europäer Europa und den europäischen Gedanken retten, müssen sie sich von diesem Missbrauch befreien. Sie müssen Merkel die Stirn bieten. Es ist an der Zeit, trotz alledem!" Ich stimme Berger zu, bleibe aber skeptisch, ob der Widerstand in der notwendigen Stärke entsteht und den Kurs von Merkel & Co. stoppen kann. Zugleich hoffe ich, dass meine Zweifel widerlegt werden.

PS: Falls sich jemand dafür interessiert, was George Soros am 26. Januar 2013 in Davos zwischen 10.15 und 10.45 Uhr bei einer Veranstaltung sagte, kann das hier auf der Website des WEF nachschauen.

Nachtrag vom 26.1.2013:
Am selben Tag, an dem Soros über die Krise sprach und vor den Folgen warnte, wurde der Jahresbericht der "Arbeitsgruppe europäischer WirtschaftswissenschaftlerInnen für eine andere Wirtschaftspolitik in Europa" (EuroMemorandum) vorgestellt. Darin ist manches zu finden, worauf auch Soros aufmerksam machte: "Die Krise, die ihren Anfang im Jahr 2007 nahm und sich 2008 in drastischer Weise verschärfte, hat tiefgreifende Zerwürfnisse in der Architektur der Europäischen Währungsunion freigelegt. Strenge Sparkurse, die zunächst den Ländern in Osteuropa und anschließend den Peripherieländern der Eurozone auferlegt wurden, werden jetzt auch in den Kernländern der Europäischen Union umgesetzt. ... Gleichzeitig hat sich die Position der nördlichen Kernländer – insbesondere die Position Deutschlands – im Hinblick auf die Peripherieländer verstärkt. ...
Als Reaktion auf die Staatsschuldenkrise wurden innerhalb der EU umfangreiche Regierungsänderungen eingeführt ... Der gemeinsame Tenor dieser Änderungen besteht darin, die wirtschaftlich schwächeren Länder unter ein umfangreiches System der Bevormundung zu stellen und unablässig auf Kürzung ihrer Ausgaben, Aushöhlung der Beschäftigungsstandards und Privatisierung von Staatsvermögen zu drängen.
Für diejenigen Mitgliedsstaaten, die Finanzhilfen erhalten haben, fallen die Kontrollen und Beschränkungen noch drastischer aus und nehmen im Fall von Griechenland geradezu koloniale Ausmaße an. ... Die Sparprogramme zerstören die Leben von Millionen EuropäerInnen, insbesondere in den südlichen und östlichen Peripherieländern. Die offizielle Arbeitslosenquote in der EU lag 2012 bei 10,6 %, in Spanien und Griechenland betrug sie jedoch 25 %, und während die Arbeitslosenquote unter Jugendlichen in der EU bei 22,7 % lag, betrug diese in Spanien und Griechenland über 50 %. ...
In den Mittelmeerstaaten (Griechenland, Spanien und Portugal) folgte auf den EU-Beitritt eine teilweise Deindustrialisierung, da den Regierungen die Möglichkeit genommen wurde, eine nationale Industriepolitik zu verfolgen. Nach der Einführung des Euro wurde ihnen außerdem die Möglichkeit genommen, die einheimische Industrie durch Abwertungen zu schützen. ..."
Das zeigt, dass Soros' Aussagen nicht neu sind vom Inhalt her. Interresant ist und bleibt, dass er auch Solches sagt, was ihm schon die Denunziation als "linksradikaler Spekulant" eingebracht hat.

Nachtrag vom 29.1.2013:
Da hat doch der Wolfgang Schäuble im Dezember 2012 etwas gesagt, was sein Vorgänger Theo Waigel schon 1996 aufschrieben ließ: "„Ohne Krise bewegt sich nichts“ (Schäuble, FAZ, 22.12.12)
In dem Strategiepapier des Bundesfinanzministeriums unter Theo Waigel (CSU) mit dem Titel »Finanzpolitik 2000« aus dem Jahr 1996 ist auf Seite 43 dieses Papiers ist zu lesen, dass Sparmaßnahmen »politisch noch am leichtesten in einer Phase der wirtschaftlichen Bedrohung durchzusetzen« seien. (siehe hier)
Passt doch.

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