Bitte beachten:

Mit deutsch- und volkstümelndem sowie rechtsextremem und faschistischem Gedankengut habe ich nichts am Hut und nichts zu tun!

Mittwoch, 31. Oktober 2012

TV-Tipp: Ein Wirtschaftskiller packt aus

Der einstige "Economic Hit Man" John Perkins wird am 31. Oktober auf 3sat porträtiert und liefert Einblicke, wie globale Politik funktioniert.
Aus der Ankündigung von 3sat:
"Wie kauft man die Weltpolitik? Ein packender Insider-Dokumentarfilm über den Ausbau von Wirtschaftsimperien auf Kosten der Dritten Welt: John Perkins war ein "Economic Hit Man", ein Wirtschaftskiller. Seine Aufgabe war es, Entwicklungsländer zu besuchen und den Machthabern überdimensionierte, überteuerte Großprojekte zu verkaufen, die sie in eine Abhängigkeit von den USA brachten. Zwölf Jahre lang hatte Perkins seine Seele an den Geheimdienst verkauft ... bis er ausstieg und den Mut hatte, den Skandal aufzudecken, sich öffentlich für seine kriminellen Akte im Staatsauftrag zu entschuldigen und Aufklärungsarbeit zu leisten. ...
Auslöser dafür war die Frage "Warum hassen sie uns so?", die Präsident George W. Bush nach den Anschlägen am 11. September 2001 gestellt hatte. Perkins wusste die Antwort darauf. "Im Dienst der Wirtschaftsmafia - Ein Geheimagent packt aus" von Stelios Koul beschreibt den Versuch des ehemaligen Agenten Perkins, mit sich selbst ins Reine zu kommen, sich in öffentlichen Debatten für seine Aktionen im Staatsauftrag zu entschuldigen und Aufklärungsarbeit zu leisten.
Der Film liefert dabei unglaublich spannende Einblicke in das Netz der modernen Wirtschaftsmafia und offenbart Zusammenhänge, die oft als Verschwörungstheorien abgetan werden. Heute leitet John Perkins die Organisation "Dream Change Coalition", die zusammen mit den indigenen Völkern Südamerikas deren Umwelt und Kulturen zu schützen versucht. ..."

"Im Dienst der Wirtschaftsmafia - Ein Geheimagent packt aus"
3sat, Mittwoch, 31. Oktober 2012, um 22.25 Uhr, Mono, 16:9

die 3sat-Ankündigung ist hier zu finden
 
Auch wenn der Film von 2008 ist, ist er aktuell. Zugleich ist er interessant, weil er kurz vor der sogenannten Finanzkrise entstand.


Von Perkins sind zwei Bücher auch in deutsch erschienen, auf die ich schon mehrmals hinwies: "Bekenntnisse eines Economic Hit Man: Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia" und "Weltmacht ohne Skrupel: Die dunkle Seite der Globalisierung - Wie die USA systematisch Entwicklungsländer ausbeuten".
Interessant sind auch seine Aussagen in dem Film "Let's make money" von Erwin Wagenhofer.

zur Homepage von John Perkins hier lang

Freitag, 12. Oktober 2012

Vier Bauern, drei Mädchen, zwei Linke-Politiker und ein Ölmulti

Vier Bauern aus Nigeria verklagen den Ölkonzern Shell wegen der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Erfahren sie Aufmerksamkeit und Solidarität?
Während das PR-Theater um die durchgeknallte Mädchenband "Pussy Riot" in Russland weitergeht, wird gemeldet, dass vier afrikanische Bauern den Ölmulti Shell verklagen. Immerhin ist das auch den deutschen Mainstream-Medien eine Nachricht wert.
Doch wen interessiert das? Erfahren die vier Bauern eine ähnliche internationale Aufmerksamkeit und Solidaritätsbekundungen wie die durchgeknallte Mädchenband, die Präsident Wladimir Putin stürzen will, indem sie sich auf Sokrates beruft? Wird sich gar die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping ölverschmiert vor der Botschaft Nigerias fotografieren lassen, wie sie es angemalt vor der russischen Botschaft tat? Wird ihr Fraktionskollege Stefan Liebich auch in diesem Fall fordern, es sei "Aufgabe internationaler Politik, sich weiterhin solidarisch für die Unterdrückten einzusetzen", wie er es beim "Pussy Riot"(PR)-Theater machte?
Ich bin gespannt und skeptisch.

Nachtrag vom 12.10.12, 13.56: Stefan Liebich hat am heutigen 12. Oktober mit einer Pressemitteilung reagiert: "Unterstützung für Kampf gegen Shell nötig". Finde ich gut.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Syrien: Schutz- und Flugverbotszone auf Umwegen

Die türkischen Angriffe auf syrische Armeeeinheiten im Grenzgebiet nach den Granaten von syrischem Gebiet könnten dem Ziel dienen, doch noch die seit langem geforderte "Schutzzone für Flüchtlinge" samt Flugverbotszone einzurichten. Darauf deutet zum einen hin, dass die Türkei ihre vermeintlichen Gegenangriffe nicht wirklich beendet (siehe auch hier)und dass zum anderen die syrische Armee sich aus dem Grenzgebiet zurück zieht, eigentlich als Maßnahme, um die Situation zu entspannen. Das Ergebnis wäre ein Gebiet ohne Kontrolle durch die syrische Armee, frei zur Übernahme durch die "Rebellen", die von der Türkei aus agieren und durch diese selbst und andere Staaten unterstützt werden. Doch während die syrische Armee sich zurückzieht, verstärkt die türkische Armee ihre Einheiten im Grenzgebiet. Inzwischen rüstet auch die NATO verbal auf, ungeachtet der syrischen Entspannungssignale und Entschuldigungen.
Dass mehr dahinter stecken könnte als nur die an sich berechtigte Antwort des souveränen Staates Türkei auf vermeintliche Grenzverletzungen durch Truppen des souveränen Staates Syrien, diese Vermutung drängt sich angesichts der beschriebenen Vorgänge regelrecht auf. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die syrische Regierung warnt, dass eine "befreite Zone" in Nordsyrien eingerichtet werden soll, die schon lange von der Türkei und den "Rebellen" samt exiloppositionellem Syrischen Nationalrat (SNC) gefordert wird. Das bestätigte auch der türkische Politikwissenschaftler Kamer Kasim in einem Interview mit dem österreichischen Standard: "Das Problem ist, dass natürlich derlei 'Unfälle' im Grenzgebiet immer wieder passieren und weiterhin passieren werden. Das ist die eigentliche Gefahr, da dies wiederum die Türkei unter Zugzwang bringen würde.
Daher denke ich, dass die Türkei eine andere Möglichkeit der Prävention (die sogenannte Pufferzone, Anm.) suchen muss. Um das zu erreichen, wurden auch gestern UNO und NATO eingeschaltet. Es geht also nicht um das Ausrufen des NATO-Bündnisfalls, sondern um die Umsetzung einer Pufferzone im türkisch-syrischen Grenzgebiet. All das wäre natürlich nicht geschehen, wenn die von der Türkei früh geforderte Pufferzone etabliert worden wäre."
Inzwischen erhielt die Vermutung neue Nahrung, dass die Granaten auf das türkische Dorf Akcakale nicht von der syrischen Armee stammten, sondern von "Rebellen", die sich in dem Grenzgebiet Gefechte mit der syrische Armee liefern. In dem Blog "Syrien Info" ist zu lesen: "Die türkische Zeitung Yurt schreibt in ihrer aktuellen Ausgabe, die Granaten die auf Akçakale abgefeuert wurden, stammen aus NATO-Beständen. Damit ist klar, nicht das syrische Militär hat geschossen, die diese Munition gar nicht besitzt, sondern die von der NATO angeheuerten Terroristen selber. Wieder eine inszenierte Provokation, um einen Grund für einen Krieg gegen Syrien zu haben.
Laut dem Chefredakteur von Yurt, Merdan Yanardag, hat die Zeitung verlässliche Informationen erhalten, die Türkei hat die Granaten an die sogenannte Free Syrian Army (FSA) geliefert, welche fünf türkische Zivilisten in Akçakale tötete und zahlreiche verletzte.
'Diese Informationen bestätigen, die falsche Politik der Erdogan-Regierung steckt hinter dem Beschuss der Stadt mit Mörsergranaten, die fünf Türken das Leben kostete,' schrieb Yanardag."

Nachtrag: Hinweise darauf, dass die Granaten auf Akcakale aus einer anderen Quelle als angeblich von der syrischen Armee stammen können, gab es schon in den Kommentaren zu dem Beitrag "Vergeltung und Versuchung" von Lutz Herden auf freitag.de, was ich heute aber erst bemerkte.
Interessant und passend ist auch, was Ulrich W. Sahm auf hagalil.com schreibt: "Der syrische Beschuss türkischer Dörfer, jordanischer Stellungen und der von Israel kontrollierten Golanhöhen geht nach Einschätzungen israelischer Militärs mit hoher Wahrscheinlichkeit von der syrischen Opposition aus. Das berichteten das israelische Fernsehen und der Rundfunk…" Die Methode "Gleiwitz" scheint tatsächlich wieder angewandt worden zu sein.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Sie wissen, was sie tun

Die führenden westlichen Staaten, voran die USA, arbeiten schon lange mit islamistischen Extremisten zusammen, auch in Syrien. Das hat eine lange unheilige Tradition.
Darauf macht der ehemalige DDR-Diplomat und spätere OSZE-Mitarbeiter Dr. Arne C. Seifert in einem Text in Neues Deutschland, erschienen am 6. Oktober 2012, aufmerksam. Seifert beschreibt, warum und wie lange schon die führenden westlichen Staaten, allen voran die USA, mit islamistischen Terrorgruppen zusammenarbeiten. Auch im Fall Syrien werden die mit dem Etikett Al-Qaida versehenen extremistischen Gruppen als "Bodentruppen" benutzt, "militärisch effektiver denn jegliche westliche Intervention, weshalb die westliche Allianz sie nicht nur toleriert, sondern tatkräftig unterstützt."
Der Diplomat stellt fest: "Um die eigene Hegemonie zu wahren, ist jedes Mittel recht, werden auch die Partner und Instrumente je nach Zweckmäßigkeit ausgetauscht. Entweder wird ein gewaltsamer Regimewechsel wie in Afghanistan, Irak, Libyen und jetzt Syrien angestrebt, eine Lenkung der Eliten vor Ort versucht oder, angepasst an neue Kräftekonstellationen, eine Mischtaktik zwischen beidem." ...
Er weist daraufhin, dass das nichts Neues ist: "All die heute wieder ausprobierten Varianten zur Sicherung von Hegemonialansprüchen hat es bereits gegeben: einerseits ökonomische und ideologische Penetration der arabischen Staaten und Gesellschaften, Beeinflussung ihrer Führungseliten sowie Fremdbestimmung politischer Prozesse und Entscheidungen; andererseits politischer und militärischer Druck sowie offene Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, wobei die nunmehrige »Antiterrorstrategie« einen Höhepunkt an externer Gewaltanwendung markiert. ...
Als Gegenreaktion hoben die USA zu Beginn der 1970er Jahre einen strategischen »Think Tank« zur Bekämpfung des Kommunismus und der sozialistischen Orientierung in Afrika aus der Taufe. Ihm gehörten an: Henry Kissinger, Alexander de Marenches (seit 1972 Chef des französischen Auslandsgeheimdienstes SDECE), Ägyptens Präsident Anwar Sadat, Schah Mohammad Reza Pahlavi, der marokkanische König Hassan II. und Kamal Adham, damaliger Chef des saudi-arabischen Geheimdienstes.
Die Geheimdienste der Staaten dieses exklusiven Klubs, den der Herausgeber der ägyptischen Zeitung »Al Ahram«, Mohammad Hasanein Heikal, »Safari-Klub« taufte , vereinbarten im September 1976 gemeinsame Maßnahmen im Sinne des obigen Ziels, wozu auch die Ausweitung des Einflusses islamistischer Organisationen in Nahost und Afrika als Gegenkraft zum »kommunistischen Modell« gehörte. Der Klub erkannte dem saudischen Königshaus die Führungsrolle zu. ..."
Diese Kooperation mit dem "islamistischen Beelzebub", um den "kommunistischen Teufel" auszutreiben, ist ja noch älter, worauf ich schon mal hingewiesen habe. Der Text von Seifert ist auf jeden Fall sehr interessant und sollte auch von jenen gelesen werden, die schnell mit dem Vorwurf "Verschwörungstheorie" herumwedeln. Was Seifert noch als Frage in der Überschrift aufwirft, lässt sich aus meiner Sicht ganz klar beantworten: Sie wissen, was sie tun. Und für ihre Ziele und Zwecke ist ihnen jedes Mittel Recht.

Sonntag, 7. Oktober 2012

Gedanken zum Film "Der Turm" und zur DDR

Nachdem ich dem zweiteiligen TV-Film "Der Turm" gesehen habe und weil am heutigen 7. Oktober 2012 vor 63 Jahren die DDR gegründet wurde, habe ich folgende Gedanken dazu aufgeschrieben:

Ich kenne das Buch (noch) nicht, auch wenn es in meinem Regal steht. Ich fand den Film nicht schlecht, zumindest nicht so plump wie die unsägliche Serie "Weißensee". Manches war zu platt, gerade bei den Dialogen, in denen oft unbedingt Symbolisches über die DDR gesagt werden musste, wie das über die nicht geweinten Tränen über die Flüchtlinge 1989, was so nur im Neuen Deutschland stand damals. Manches war passend, manches ungenau. Mich störten u.a. nicht korrekte Details, wie in jeden Film. In diesem war es u.a., dass Christian als Unteroffizier erst wie ein normaler "Mot. Schütze" diente und dann gar nach dem Militärknast in Schwedt wieder Unteroffizier war, als er "nachdienen" musste. Also wer nach Schwedt kam, wurde zu allererst degradiert und durfte dann nur noch Soldat sein, kam max. bis zum Gefreiten. Und Unteroffiziere, die als normale Soldaten, als "MOSis" ihren Dienst leisten mussten, die gab es nur beim Wachregiment Feliks Dzierzynski des MfS. Aber das sind nur Details.
Die NVA war auch von ihrer internen Atmosphäre samt der gegenseitigen Misshandlungen nicht besser und schlechter als jede andere Wehrpflichtarmee dieser Welt. Das nun unbedingt als Symbol für den bösen "Militarismus" der DDR zu nehmen, für den Kasernencharakter des Landes, halte ich für gewagt. Aber das geht vielleicht nur solchen wie mir so, die wie Film-Christian 1965 geboren wurden und das DDR-Land fast 25 Jahre erlebten.
Nach dem 1. Teil habe ich einem Kollegen sinngemäß gesagt: Für mich gibt es kein Besser oder Schlechter im Rückblick und Vergleich mit heute. Ich habe das ganze pralle Leben der DDR erlebt, samt Ja zum Sozialismus und Einstufung als "Parteifeind" mit allen Folgen. Ich wollte nicht die DDR beseitigen, als ich mich im Herbst 1989 engagierte. Ich wollte wie manch Andere dieses Land verändern, aber nicht einfach per Grenzöffnung in den Westen. Ich erlebe das pralle Leben der vereinheitlichten Bundesrepublik mit allem was dazu gehört, samt Arbeitslosigkeit und Existenzangst, Meinungsfreiheit und "Diktatur des Profits" (Viviane Forrester). Ich habe versucht, mich zu engagieren und das irgendwann aufgegeben, weil ich zwar sagen kann, was ich will (auch in Grenzen), aber nichts zu sagen habe und bewirken kann, nicht mal im Kleinen, sprich kommunalen Bereich. Mein Fazit: Es war früher in der DDR nicht besser oder schlechter, es ist heute nicht besser oder schlechter. Es war und ist nur anders. Aber eines sage ich Jedem, der es hören will oder auch nicht: In der DDR hatte ich keine Existenzangst. Da konnte ich selbst als Parteifeind, der nicht mehr studieren durfte, mit meiner Hände Arbeit meine Familie ernähren. Existenzangst habe ich erst nach dem Mauerfall erlebt, infolge von Arbeitslosigkeit.
Wie auch immer. Das ist nur meine Sicht aufgrund meiner Lebenserfahrung. Mich regen nur Pauschalurteile auf. Aber das hat wohl eben was mit dem Alter und unterschiedlichen Erlebnissen zu tun. Passenderweise hörte ich am 4. Oktober, einen Tag nach dem 2. Teil des Filmes, beim Frühstück im Radio eine Reportage aus dem Heute von alten Menschen, die von der Rente nicht leben können. Ener von ihnen sagte sinngemäß ins Mikro: Wenn Du Dir kein Buch mehr kaufen kannst, weißt Du, dass Du arm bist. Da fragte ich mich, auf welchen Mauerfall der Mann warten muss ...
Noch eines dazu, was mir bei dem Thema auch immer durch den Kopf geht: 1992 erlebte ich auf der Leipziger Buchmesse den polnischen Schriftsteller Andrzej Szczypiorski, der zu den "Dissidenten" zählte. Er erzählte, wie er nach dem er sich wieder in Polen frei bewegen durfte ab 1989, durchs Land reiste und den Menschen von der Freiheit berichtete. Da sei ihm oftmals von den Menschen geantwortet worden, er solle ihnen nichts von Freiheit erzählen. Früher hätten sie gewusst, dass sie von ihrer Arbeit leben könnten, was in der Freiheit nicht mehr der Fall sei. Da habe bei ihm zumindest dazu geführt, dass er erkannt habe, wie relativ das mit der Freiheit ist.
Meine Worte hier geben nur meine ganz persönliche Sicht wieder. Und solch ein Film kann wie auch ein Buch am Ende nur ein Teil dessen einfangen und wiedergeben, was gewesen ist, dabei Dichtung und Wahrheit wie immer vermischt. Die DDR und die einzelnen Geschichten aus diesem Land und diesem Leben dort sind sicher noch nicht auserzählt.
Vielleicht ist es nach dem "Turm" und all den Büchern von ehemaligen Funktionärs- und Bonzenkindern und Offiziers- und Politikerbiographien Zeit für ein Buch über "Die Ebene", das ganz normale, gewöhnliche Leben in der DDR, ohne christliche Ärzte, diktatorische Möchtegern-Kommunisten und freiheitsliebende Kinder, die ihre Mutter vor prügelnden Bereitschaftspoliziosten retten wollen ... Oder wurde solch eine Geschichte schon erzählt und geschrieben?

Ja, und eigentlich wäre es auch Zeit für ein Buch, einen Film oder was auch immer, was in der DDR-Zeit spielt, die ohne Flucht oder Fluchtversuch auskommen ... Das darf nicht persönlich genommen werden und ist auch so nicht gemeint. Es ist nur so, dass diese Geschichten schon so oft erzählt wurden. Die Tragik einer jeden dieser Geschichten stelle ich nicht in Abrede.
Das scheint das Problem zu sein bei solchen Büchern und Filmen: Statt Geschichten zu erzählen, wollen bzw. sollen sie immer Geschichte machen. Was in der DDR spielt, muss heute immer alles, die ganze Geschichte miterzählen. Die Ideologen aus dem DDR-Kulturministerium und in der dem übergeordneten ZK-Abteilung hätten ihre wahre Freude daran, wie konsequent die von ihnen angewandten Prinzipien heute immer noch wirken ... Wie heißt es im Film doch so passend: Es geht immer nur um Macht.Das eine sind die Geschichten, die die Kunst mit ihren Mitteln erzählen kann, dass andere die individuellen Geschichten, die auch des Aufhebens wert sind nach dem Prinzip von Wolfgang Herzbergs Buch "So war es".
Von der ideologischen Grundierung des Films "Der Turm" zeugen mehrere Dinge. Das geht los beim Sendetermin und endet bei der dazugesendeten Dokumentation. Ein Beleg sind die vielen kleinen Szenen in beiden Teilen, in denen unbedingt Symbolisches über die DDR gesagt oder gezeigt werden musste, was nie etwas Gutes oder einfach normal Positives war.
Mögen die Filmemacher unideologisch rangegangen sein, wie manche meinen, so haben die Produzenten, Senderredakteure und Auftraggeber schon dafür gesorgt, dass die "richtigen" Botschaften gezeigt und vermittelt werden. Alles andere wäre auch verwunderlich. Das wäre ja nicht mal in der DDR anders gelaufen ...
Es geht auch mit solchen Filmen weiter darum, die DDR zu delegitimieren, wie Klaus Kinkel 1991 schon forderte (siehe DRiZ,Heft 1/1992,S.4), mit allen Mitteln, gerade auch denen der Kunst, um auch noch jede kleine positive Erinnerung zu erdrücken. Es geht um die Deutungshoheit der Geschichte. Der Historiker Jörn Schütrumpf schrieb im Weltbühne-Nachfolger Das Blättchen: "In der Frage der DDR-Geschichte und der DDR-Biographien sehen sich viele Ostdeutsche schon seit Jahren in die SED-Zeiten zurückversetzt. Sie glauben nur einem einzigen: sich selbst. Das war vor 1989 nicht anders."
Da die passenden Zitate von Hans Ulrich Wehler und Klaus Kinkel online kaum verfügbar sind, seien sie hier angeführt, auch damit sie nicht in Vergessenheit geraten:
Wehler schreibt mit Verweis auf ein Zitat von Stefan Heym von dem "Faktum: Die kurzlebige DDR, sie war nur 'eine Fußnote der Weltgeschichte'." (Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 6, S. 361)
Klaus Kinkel sagte auf dem 15. Deutschen Richtertag am 23. September 1991 in Köln: "Wir hatten das Glück und die Chance, nach 1945 unser Land wirtschaftlich, den Rechtsstaat in Freiheit aufbauen zu können.
Sie, meine Damen und Herren, haben als Richter und Staatsanwälte bei dem was noch auf uns zukommt, eine ganz besondere Aufgabe. Es wird sehr darauf ankommen, wie die in allen Rechtsbereichen auf die Gerichte zukommenden Fragen behandelt werden, ob es vor allem auch gelingen wird, die für die Einheit so wichtige Akzeptanz der gerichtlichen Entscheidungen bei den Menschen zu erreichen. Davon hängt ab, ob der Rechtsstaat in den Augen der Bevölkerung in der Lage ist, mit dem fertig zu werden, was uns das vierzigjährige Unrechtsregime in der früheren DDR hinterlassen hat. Und in manchem müssen wir sehr aufpassen, daß uns nicht wieder später gesagt werden muß, wir hätten verdrängt, versagt, zu spät gehandelt. Ich weiß sehr wohl, daß die Gerichte nicht allein leisten können, was aufzuarbeiten ist. Aber einen wesentlichen Teil müssen Sie leisten, alternativlos. Ich baue auf die deutsche Justiz. Es muß gelingen, das SED-System zu delegitimieren, das bis zum bitteren Ende seine Rechtfertigung aus antifaschistischer Gesinnung, angeblich höheren Werten und behaupteter absoluter Humanität hergeleitet hat, während es unter dem Deckmantel des Marxismus-Leninismus einen Staat aufbaute, der in weiten Bereichen genauso unmenschlich und schrecklich war wie das faschistische Deutschland, das man bekämpfte und — zu Recht — nie mehr wieder entstehen lassen wollte.
Es muß gelingen, auch die schreckliche, STASI-Vergangenheit zu entmystifizieren, um die Menschen, angstfrei zu machen.“ (Deutsche Richterzeitung, Heft 1/1992, S. 4)
Mit Blick auf Wehler, Kinkel und Co. muss ich noch hinzufügen: Was war muss von dem, das es ablöst, immer schlecht gemacht werden, im Rückblick auch verschlimmert werden, damit auch noch jede gute Erinnerung an das Gewesene verblasst. Der Fall DDR zeigt, dass dabei aber nicht immer mit gleichem Maß gemessen wird: "In den frühen Jahren der Bundesrepublik war also das Parteibuch der NSDAP geradezu Voraussetzung für den Einstieg in den Öffentlichen Dienst." das stellt der Strafrechtler Ingo Müller in einem Gespräch fest, das die Zeitschrift konkret im Heft 6/12 abgedruckt hat. Müller stellt auch fest, "daß es Anfang der fünfziger jahre zu einer regelrechten Renazifizierung kam". Der Frieden mit den Nazi-Tätern sei auf dem Rücken der Opfer geschlossen worden. Mit der DDR wird anders verfahren. Dafür sorgt schon der weiter wirkende Antikommunismus in der Bundesrepublik, der laut Müller "der gleiche wie im 'Dritten Reich'" war ..."
Und noch etwas sei grundsätzlicherweise zum Thema hinzugefügt: Fakt ist, der DDR wird von der herrschenden Klasse der Bundesrepublik ein "Verbrechen" für alle Zeiten übelgenommen. Sie hat bzw. mit ihr wurden die Eigentumsverhältnisse auf deutschem Boden für rund 40 Jahre grundlegend verändert. Das hatten sich nicht einmal die deutschen Faschisten getraut. Dafür wird die DDR weiter beschimpft, verleumdet, wird ihre Realität schwarz-weiß gesehen und dargestellt.
Lothar de Maiziere erklärte am 3. August 2008 dem Tagesspiegel: "Es entsteht immer dieses Schwarz- Weiß-Schema. Es gab in der DDR vielleicht zwei Prozent Opfer und vielleicht drei Prozent Täter. Und 95 Prozent waren Volk. Die wollten auch gar nichts anderes sein, wollten für sich und ihre Familie das Beste aus ihrem Leben machen. Im Nachhinein aber wird die DDR-Bevölkerung eingeteilt in Täter und Opfer. Nun müssen die Leute alle sehen, wie sie auf das Opfer-Ufer kommen, weil sie sonst alle zu den Tätern gerechnet werden. Sie müssen ihre Widerstandsgeschichten erzählen und wie oft sie die Faust in der Hosentasche geballt haben. Aber sie waren weder das eine noch das andere."
Zu Schluss noch ein passendes Zitat zu einem interessanten Buch, nämlich von Detlef Nakath/Gerd-Rüdiger Stephan: "Countdown zur deutschen Einheit - Eine dokumentierte Geschichte der deutsch-deutschen Beziehungen 1987-1990", das "im allgemeinen mit Nichtachtung gestraft" wurde:
"Das hat natürlich seinen Grund, denn die aus dem Archiv der SED und dem der DDR-Regierung entnommenen Dokumente zeichnen leidenschaftslos ein Bild von der anfänglichen schmeichelnden Anbiederung bei den DDR-Gewaltigen (wo u. a. der später so verteufelte OibE Schalck-Golodkowski vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Späth über CDU-interne Machtkämpfe informiert wurde / Dok. 34 / ) bis zu der endlichen Siegermentalität selbst gegenüber dem frei gewählten DDR-Ministerpräsidenten de Maizière (Kohl an diesen am 31. 5. 90: „Schließlich möchte ich daran erinnern, daß wir beide abgesprochen hatten ...“ / Dok. 71 / ). In vier Kapiteln (1987 bis 1988: Vorbereitung auf das Ungewisse; Frühjahr bis Herbst 1989: Krise ohne Ausweg; Herbst 1989 bis Frühjahr 1990: „Deutschland, einig Vaterland“; Frühjahr bis Herbst 1990: Eilmarsch zur Einheit. Zu jedem Kapitel gibt es vorweg einen sachlich-nüchternen Kommentar) präsentieren die Herausgeber insgesamt 90 Dokumente, bei deren Studium man recht gut versteht, weshalb die DDR grundsätzlich - wie es Kinkel 1991 unverblümt ausdrückte - „delegitimiert“ werden muß: Wenn man es nicht mit einem Völkerrechtssubjekt zu tun hatte, dann war ihm gegenüber natürlich in politischen Verhandlungen und Absprachen jeder Lug und Trug ebenso wie jeder Wortbruch gerechtfertigt. So äußerte Genscher z. B. in einem Gespräch mit dem prominenten ZK-Mitglied Otto Reinhold am 26. 8. 1988 in seinem Bonner Ministerbüro jenem gegenüber, daß er im Gegensatz zu solchen westlichen Politikern und Vordenkern, die sich von einer Destabilisierung der sozialistischen Länder Vorteile für den Westen erhofften, persönlich der Ansicht sei, Stabilität und positive wirtschaftliche Entwicklung im Realsozialismus brächten viel bessere Voraussetzungen „für ernsthafte Schritte auf dem Weg zu einem europäischen Haus“ / Dok. 19 / ... - eine Ansicht, die er dann ein Jahr später erfolgreich zu verdrängen vermochte. Beispiele solcher Art bringt die Dokumentenauswahl zuhauf, und es lohnt sich, sie zur Kenntnis zu nehmen. Aus deren Fülle soll noch eines herausgehoben werden: Als Modrow bei seinem Regierungsbesuch in Bonn am 13./14. 2. 1990 dem Bundeskanzler in einem Gespräch unter vier Augen nahelegte, bei der absehbaren Vereinigung beider deutscher Staaten mit Bedacht vorzugehen; es könne sich nicht um einen Anschluß der DDR an die BRD handeln; die DDR habe schließlich Wesentliches in den einheitlichen Staat einzubringen - da stimmte Kohl dem ausdrücklich zu: Er wende sich gegen einen Anschluß der DDR, 40 Jahre DDR seien eine Realität, es gehe um gegenseitige Rücksichtnahme, man müsse vernünftig aufeinanderzugehen!!! / Dok. 63 /." (Quelle)




Mittwoch, 3. Oktober 2012

Seit 21.19 Uhr wird zurückgeschossen ...

Die Türkei greift als Antwort auf Tote durch eine vermutlich syrische Granate Ziele in Syrien an, meldete das ZDF online 21.19 Uhr.
Wird ein weiteres Mal die Methode Gleiwitz angewandt? Ist das der Anlass für die seit langem befürchtete Invasion in Syrien, für die direkte militärische Einmischung nach der verdeckten mit allen Mitteln?
Soll die syrische Armee wirklich so blöd sein und der Türkei einen Grund für einen solchen Gegenschlag, gar eine Invasion liefern? Oder war der Granatenbeschuss des türkischen Dorfes Akcakale eine gezielte Provokation der "Rebellen", die seit langem um eine militärische Invasion des Westens und seiner Partner betteln?
Ich habe keine Antworten, aber auch wie schon bei den angeblichen, vermeintlich von den Regierungstruppen verübten Massakern große Zweifel an dem, was da berichtet wird. Selbst SPIEGEL online schreibt: "Ob die Granaten von Truppen des Diktators Baschar al-Assad oder den Rebellen abgefeuert wurden, ist unklar." Die türkische Regierung, die seit langem mit dem Säbel rasselt und die "Rebellen" unterstützt, die von türkischem Gebiet aus gegen Syrien operieren, behauptet, die syrische Armee habe die Granate abgefeuert. Nein, ich glaube ihnen auch diesmal nicht. Das klingt alles zu sehr nach der Methode Gleiwitz.
Die "Rebellen", die Syrien mit Krieg überzogen haben, sind zu allem bereit, um ihre Ziele zu erreichen. Dafür nehmen sie auch zivile Opfer in Kauf. Das haben sie schon so oft bewiesen in diesem krieg. Wer sollte sie daran hindern, auch zu solchen Provokationen zu greifen, um endlich vom Westen und seinen Partnern militärisch unterstützt zu werden? Was sie alleine bisher nicht geschafft haben, das wollen sie mit direkter NATO-Unterstützung erreichen, wie im vergangenen Jahr in Libyen. Der NATO-Rat ist schon zusammen getreten. Droht jetzt das Überschreiten der roten Linie?
Wer beendet endlich diese Schande des Krieges in Syrien, die Zerstörung dieses Landes, für die nicht der syrische Präsident Bashar al-Assad die Verantwortung trägt? Der müsste die politische Identität Syriens aufgeben, wie Lutz Herden im April schrieb, um diesen Krieg durch "die ganz große Kapitulation" zu beenden. Von welchem Staatsoberhaupt kann das verlangt werden?
Nachtrag von 23.25 Uhr: Der türkische Fernsehsender NTV hat laut RIA Novosti gemeldet, dass es sich um "verirrte syrische Geschosse" gehandelt haben soll. "Zum Unglück sei beim Beschuss der Positionen der Aufständischen durch die reguläre syrische Armee gekommen, hieß es."
Nachtrag vom 4.10.12, 14.38: Inzwischen hat das türkische Parlament das Ermächtigungsgesetz zum Krieg gegen Syrien beschlossen, wie SPIEGEL online meldet. Die Kriegsmehrheit stört dabei Folgendes nicht: "Wer genau die Geschosse abfeuerte - syrische Regierungstruppen oder Rebellen, ist bisher noch nicht genau geklärt."

Nachtrag vom 5.10.12, 18.03:
Na wer sagt's denn ...:
ZDF: syrische Rebellen haben sich zu Angriff auf türkisches Dorf bekannt
etwa ab 00:50:  „Raketen und Granatfeuer – die Türkei übt Vergeltung für einen Angriff von syrischer Seite gestern Nachmittag. Seit Wochen warnt Ankara davor, die Türkei zu provozieren. Bis tief in die Nacht dauern die Gefechte. Inzwischen haben sich syrische Rebellen zu der Provokation bekannt.